Rahmenblick auf Bergpanorma am Plose, teils in Wolken, mit Velo, Selbstporträt in Regenjacke von hinten
Alpen,  Südtirol-Trentino,  Touren

ALP-2024-TiSA-06
Die Südtiroler Dolomiten – Klappe, die erste: Rain Action feat. Plose & Seiser Alm

Mit Überschreiten der Eisack erreiche ich erstmals die Dolomiten auf dieser Tour, im Nordwesten. Für diese Gruppe finden wir auch die Bezeichnung Eisacktaler Dolomiten, verwirrt aber durch die Bezirksgemeinschaft Eisacktal, die den nordwestlichsten Teil der Eisacktaler Dolomiten umfasst, aber nicht das geografische Gesamtgebiet. Die Bezirksgemeinschaft Eisacktal hat jüngst ein europäisches Förderprojekt für ländliche Entwicklung angestoßen unter der Bezeichnung „Leader-Gebiet Eisacktaler Dolomiten“, was schon Eingang in die touristische Vermarktung gefunden hat.

[Di 11.6.] Brixen – St. Andrä – St. Jakob – St. Georg – Palmschoß

23 km | 1130 Hm

Brixen macht Laune auf Pause, schöne Altstadt, elegante Laubengänge, einladende Plätze und fahrradliebende Einwohner. Ich gönnte mir ein Bäckerfrühstück, flanierte durch Gassen und Straßen, bewunderte edle Spezialitäten wie Speck, Käse, Wein und Grappa – allein fehlten mir die Genussdollars für einen Großeinkauf. In der Suflergassse fand ich ein unscheinbareres Atelier des Künstlers Markus Damini, der insbesondere Leder ideenreich zu Kunstwerken formt und mit dem ich ein gutes Gespräch über den Tellerrand führen konnte.

Die Sonnenzeit tickte schon auf Highnoon, als ich Brixen verließ. Doch bald musste ich anflutende Wolken beobachten. Die Lunchtime konnte ich in St. Andrä sofort mit einer Regenkaffeepause verlängern. Nass gings weiter noch bis zum Plose-Abzweig mit einem abweisenden Hotelneubau – quasi die schon aus dem Meraner Land bekannte Gefängnisklasse. Solche Gebäude haben keine Schutzdächer mehr, kein My an Gastlichkeit vor den Türen und Toren. Eine im Sommer geschlossene Gaudi-Skibar gewährte mit etwas Regenschutz. Rekordverdächtig die Tagesleistung, 23 km Vortrieb im Kaltwassersommer.

[Mi 12.6.] Palmschoß – Kreuztal (2029 m)/Plose Bergstation – via „Woody Walk“ (Piste) – via Albergrabe (Piste) – Innerpalmschoß – Palmschoß – Abzweig Coller Straße – St. Peter/Pitzack/Villnößtal – Gufidaun (Gudon) (+)

36 km | 780 Hm

Aufbruch über dem dampfenden Tal und nasser Fahrbahn, wolkenumschlossene Bergwelten verheimlichen ihre Postkartenästhetik. Die Waldauffahrt hier ist weniger spannend als erwartet, allein on top beginnt die Panoramaparade – wenn, ja wenn nicht diese breiten weißgrauen Schwaden die Vorhänge schließen würden. Ich leistete mir im Berggasthof Marillenknödel, Deutsche verbrachten hier Wanderurlaub. Ich versuchte weiterzukommen, leichter Regen, ein wenig öffneten sich die Bergketten mal da, mal dort. Ich erahne das ganze Ensemble und welch großartiger Dolomitenausblick möglich wäre. Den gab es heute nur im Konjunktiv.

Dem besonderen Bergerlebnis Plose hat man mit dem Woody Walk eine humorige Note hinzugefügt – Holzskulpturen zeigen Bergleben, Sagengestalten und seltsame Interpretationen aus der Neuzeit wie etwa des Telefons. Ein großes Rahmenfenster möchte den Besuchern auf Sonnenliegen aussichtsreiche Träumereien bieten. Auf Pisten ab der Plose-Bergstation ließen sich noch verschiedene Varianten zu Almen ausfahren, doch unerwartet wie dankend nehme ich den Rundkurs nach Palmschoß über die Mittelstation (Innerpalmschoß) auf. Im unteren Teil muss man bedenkliche Bachfurten queren – so gerade noch möglich ohne Schuhe auszuziehen.

Der Regen hatte nachgelassen und die Talabfahrt ins Villnößtal war möglich. Dort locken Lokale mit Slowfood, die Preise sind nicht mal so wild. Noch aber bin ich heute kaum weitergekommen als den Tag zuvor. Über die Abfahrt nach Gufidaun hinaus kam ich kaum weiter im folgenden Anstieg. Das kühn auf dem Felsen gebaute Schloss Summersberg war über Jahrhunderte ein Ort der Gerichtsbarkeit und verlor einen Teil seines Mauerwalls durch einen Felssturz in den 1950er Jahren.

[Do 13.6.] Gufidaun (Gudon) (+) – Gnollhof (1182 m) – Freins – Lajen – Ried – Waidbruck – Telfser Joch (1080 m) – Kastelruth – Panider Sattel (1437 m) – Runggaditsch – St. Ulrich – Runggaditsch/Passberg (Dolfi)

46 km | 1690 Hm

Die Gnollhof-Höhe ist eigentlich nur eine Straßenkreuzung im Wald, der Name bezieht sich auf ein luxuriöses Wellnesshotel, das man von der Straße aber nicht sehen kann. Indes erlaubt die Strecke eine aussichtsreiche Höhenfahrt nach Lajen bzw. hinunter nach Waidbruck als Alternative zur Brennerroute an der Eisack. Für den Anschluss Kastelruth geht es schon unmittelbar nach Waidbruck wieder aufwärts. Da die Strecke sowohl das touristisch begehrte Kastelruth als auch die nicht minder umworbene Seiser Alm anschließt, hat es entsprechend viel Verkehr.

Kastelruth ist über die umfassend vermarktete Volksmusikgruppe der Kastelruther Spatzen hinaus für filigrane Holzschnitzkunst bekannt, was allerdings für viele Orte der Dolomiten gilt, insbesondere auch in den ladinischen Gebieten. Hochwertiges Kunstwerk und Kitsch liegen daher dicht nebeneinander. Indes sind die Kastelruther Spatzen ein Gesamtgeschäftsmodell, von der Musik, über ein Museum bis zum Verkaufsladen.

Der Panider Sattel ist auf der Westseite recht unspektakulär, erlaubt aber schöne Blicke über grüne Almwiesen. Die große Dolomitenkulisse entfaltet sich zur Gegenseite ins Grödnertal hinunter. St. Ulrich kann man als Schmuckstück des Grödnertals bezeichnen. Schon museal sind die Hausmalereien, geschnitzte Dachverzierungen und Balkone, vielschichtige Farben und Giebelformen. Auch hier feiert die Holzschnitzkunst ihre feine handgetriebene Tradition.

[Fr 14.6.] Runggaditsch/Passberg (Dolfi) – Gerva – Lavies/Pufels – Monte Piz – Großes Moos Seiser Alm – Wiedner Eck/Egg (1880 m) – Saltria – Hotel/Rifugio Tirler – Saltria – Großes Moos Seiser Alm – Compatsch – Seis am Schlern – Völs am Schlern – Blumau – Steinegg

53 km | 1545 Hm

Außer über die meist verkehrsreichen Westanfahrten zur Seiser Alm gibt es nur Auffahrten, die gewisse Tücken in sich bergen, mit Velo aber möglich sind. Eine durchgehend asphaltierte Variante gibt es nur als oberen Abzweig von der Westseite des Panider Sattels nach Pufels durch einen Tunnel. Die Strecke ist nur bis Pufels für den allgemeinen Kfz-Verkehr freigegeben. Auf diese Strecke kann man beim Gasthof Lavies stoßen, wenn man eine tiefere Anfahrt aus dem Grödnertal von St. Ulrich wählt. Diese Strecke zweigt auch von der Panider Straße ab, allerdings bereits weit unten im Tal oberhalb von Runggaditsch, einem Ortsteil von St. Ulrich. Diese Straße ist für Autos ebenfalls beschränkt, was ferner für die dann gemeinsame Strecke beider Varianten ab dem Gasthof Lavies bis zum Hotel Monte Piz (auch Liftstation) gilt, welches bereits am nördlichen Abhang des Seiser-Alm-Plateaus liegt.

Der Nachteil der direkten St. Ulricher Nordanfahrt ist ein ca. 700 m langes, recht gerölliges Schotterstück, auf dem 104 Hm mit einer Maximalsteigung von 19,5 % überwunden werden müssen, was einer Durchschnittsteigung von 14,9 % entspricht. Mit Vollgepäck ist das nicht zu meistern. Für allein diesen Teil habe ich wohl eine Stunde geschoben. Der restliche asphaltierte Teil ist natürlich auch kein Zuckerschlecken, war für mich aber wehleidig mühsam fahrbar wie bei solchen Steilstrecken üblich. Vom Abzweig Panider Straße bis zum signifikanten Abflachen beim Großen Moos addieren sich inklusive dem Schotterteil 600 Hm auf 4,6 km – das sind immer noch gut 13 % im Durchschnitt.

Es gibt zwei weitere für Velo denkbare Auffahrten von Santa Cristina nach Saltria, die aber jeweils größere Schotteranteile haben. Über deren Fahrbarkeit kann ich hier nichts berichten. Als weiteres Hindernis stellte sich mir ein akuter Bergsturz entgegen, der die Brücke im untersten Teil noch vor der Schotterpassage eingedrückt hatte. Ich konnte das Hindernis nur mit abmontierten Taschen und dreifacher Fußpassage überwinden. Nicht nur dieser Straßenteil war offiziell gesperrt, sondern auch der jenseits vom Gasthof Lavies. Dort fanden diverse Bauarbeiten mit Rohren statt, die Strecke enthielt aber keine nennenswerten Hindernisse, ebenso wurde gerade nicht gebaut.

Eine dritte Sperrung entstand kurzfristig auf der Strecke zwischen Panider Straße und Pufels aufgrund eines akut drohenden Murenabgangs. Die Notsperrung trennte Pufels wie den Gasthof Lavies vom Verkehr ab, wobei die Vorwarnung zur Sperrung unter einer Stunde lag. Die Handwerker im Gasthof ließen die Arbeit liegen und flüchteten sofort, weil sie sonst eingeschlossen gewesen wären – so klagte mir die Gastwirtin. Ich erzähle hier die Geschichte so ausführlich, um die heikle Situation der Straßen und Wege im Hochgebirge zu veranschaulichen. Es gab keinen Alpensommer in meiner Erinnerung mit so vielen Murenabgänge wie in diesem – ein unübersehbares Warnzeichen der klimabedingten Veränderungen. Leider werden diese Ereignisse in vielen Teilen der Gesellschaft gerne schnell vergessen oder generell heruntergespielt – von der Leugnung der Ursachen ganz zu schweigen.

Die Seiser Alm – Schlagwort größte Hochalm Europas – ist ein eigenes Erlebnisrefugium für weit mehr Zeit als ich sie mir nehmen konnte. Die regnerische Wetterlage besserte sich zwar etwas im Laufe des Tages, die Temperaturen blieben aber weitgehend im einstelligen Bereich bei nicht minder giftigem Wind. Erst spät am Nachmittag öffneten sich wenigstens ein paar Ausschnitte der Berghorizonte aus dem Wolkenmeer. So kam ich weder in Stimmung für eine Almjause, noch konnte ich mich zu weiteren Exkursionen auf den zahlreichen Straßen und Pisten durchringen, stattdessen ich eine besser wärmende Langhose in Compatsch kaufte.

Solches Wetter treibt mich arg schnell vorbei an der Kulisse des Schlernmassivs und seiner Kulissenorte aus dem Postkartenbaukasten. Blumau, schon fast in Wurfweite von Bozen, wirkt wie an den Hang gepresst, zur anderen Seite von der Eisack begrenzt. Beide Täler, die hier in die Berge einschneiden, sind quasi unsichtbar abgeschirmt. Die von mir hier gewählte Steinegg-Auffahrt glänzt durch ein Kurveneldorado mit 15 nummerierten Spitzkehren und stellt damit manchen Hochgebirgspass in den Schatten.

[Sa 15.6.] Steinegg – Obergummer (1349 m) – Untergummer – Birchabruck – Stenk – Rauth – Obereggen/Passo di San Floriano (1560 m) – Reiterjoch (1996 m) – Pampeago – Stava/Hotel Shandranj – Passo di Pramadiccio (1431 m) – SS620 – Varena – Cavalese – Tesero – Ziano di Fiemme – Predazzo

66 km | 1995 Hm

Das beschauliche Steinegg in aussichtsreicher Terrassenlage überrascht mit einem Planetenweg, den man bis zu einem Observatorium begehen kann. Ein anderer Weg leitet zu nicht ganz so opulente Erdpyramiden wie bei Ritten, von der Straße recht entfernt sichtbar. Der Passübergang ins Eggental gestaltet sich indes recht unscheinbar.

Das eng geschnittene Eggental gabelt sich in Stenk in zwei obere Talabschnitte, deren aufführende Straßen auf einem Sattel in Obereggen zusammenstoßen. Beide Auffahrten sind recht steigungsintensiv, wobei meine Variante rechter Hand im unteren Teil gleichzeitig die Anfahrt für den Passo Lavazè darstellt, den ich schon mal etliche Jahre zuvor beradelt hatte. Passend zu den Vortagen versammelten sich auch hier tief hängende Wolken, die bei Obereggen leichten Regen ausschieden. Zur allfälligen Düsternis gesellte sich noch die misslungene Architektur Obereggens – kein Ort zum Wohlfühlen.

Exakt am Kreisel des Sattels beginnt die nicht explizit ausgeschilderte Route zum Reiterjoch – man folgt dem Hinweis „Epircher Laner Alm“. Die Straße wird im Winter auch als Rodelbahn genutzt, woraus man eine weiterhin anspruchsvolle Steigung ableiten kann. Die Epircher Lana Alm bietet eine gute Zwischenrast, reiht sich aber in die Kette gehobener Berggasthöfe, wo kleine Geldbeutel nicht so richtig Freude haben. Für den Allgemeinverkehr besteht eine eingeschränkte Nutzung bis zur Alm, im weiteren Verlauf bis zur Passhöhe besteht ein komplettes Fahrverbot. So wurde das Reiterjoch auch erst in jüngerer Zeit komplett asphaltiert, was wiederum die Radlerherzen höher schlagen lässt.

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