Karstige Almlandschaft mit Weide, Wald und runder Viehtränke
Alpen,  Südtirol-Trentino,  Touren,  Venetien

ALP-2024-TiSA-14
Zimbrische Sprachinseln, unvermeidliche Kriegsspuren und schmackhafter Käse – die Hochebenen von Asiago, Lavarone und Folgaria in den Vizentiner Alpen

Zwischen dem Brentafluss mit der Valsugana und dem Canale di Brenta im Osten und Norden sowie dem Val Terragnolo im Südwesten liegen drei aufeinanderfolgende Hochebenen, von denen die Asiago-Hochebene die weitaus größte und bekannteste ist (auch: Altopiano dei Sette Communi). Nach Lavarone und Folgaria sind die kleineren, nordwestliche Hochebenen benannt. Während die Asiago-Hochebene durch das Val d’Astico markant auf einer Nord-Süd-Achse von der westlichen Folgaria-Hochebene abgetrennt scheint, besteht im Norden über Lavarone eine durchgehende Brücke der drei Hochebenen. Mehr noch aber bestehen kulturelle Verwandtschaften durch die zimbrischen Sprachinseln. Das Zimbrische gehört zu den bairischen Dialekten, heute wird teils neben Zimbrisch auch Italienisch und Standarddeutsch gesprochen, wobei das Zimbrische teils komplett verschwunden ist, in einigen Gebieten aber sich noch gut erhalten hat (z.B. Lusern). Das Zimbrische ist gleichwohl noch in anderen Teilen der Vizentiner Alpen verbreitet.

Dieses ist auch das erste von mehreren Kapiteln durch die Vizentiner Alpen, die sich zwischen Brentafluss/Valsugana, Etschtal und norditalienischer Tiefebene ausbreiten. Zwar sollte ich nochmal nach Folgaria und sogar an den Rand der Asiago-Hochebene zurückkehren, jedoch eher um die Valsugana zu bemustern, sodass ich die späteren Querungen anderen Alpengruppen zuordnen werde. In der SOIUSA-Einteilung lösen sich die Vizentiner Alpen in den weiter gefassten Venezianischen Voralpen auf.

[Di 23.7.] Primolano – Enego – Stoner – Ponte Valgadena – Foza (1080 m) – via SP76 – Bonur – Stoccareddo – Sasso – via Valle Valchiama – dev. SP72 – Puffele – Passo Stretto (1058 m)

46 km | 1280 Hm

Ursprünglich hatte ich die Auffahrt zur Asiago-Hochebene von Valstagna aus angedacht. Nach meinem Umbau der Tour wollte ich aber die Strecke an der Brenta entlang nicht doppeln und zog den Aufstieg nach Enego vor. Eine noch attraktivere Konkurrenz von Grigno aus hatte ich ganz übersehen. Trotz der Kehren ist die Enego-Auffahrt recht durchschnittlich. Enego gehört zu den Sette Communi, ein Verbund von sieben Gemeinden, die der zimbrischen Sprachminderheit angehören und über die gesamte Asiago-Hochebene verteilt sind.

Mehr als die nur selten zu hörende Sprache fällt der spezielle Charakter der Landschaft ins Auge. Weithin ziehen sich Berge flacher hinauf, alpine Strukturen sind rar. Dennoch haben sich auch hier tiefe Täler eingeschnitten, was man radlerisch mit zahlreichen Auf-und-Abs erlebt. Mit Foza erreichte ich die erste Kante solcher eingeschnittenen Täler.

Auch hier finden sich lustige Einfälle der Bewohner, Häuser und Gärten zu gestalten oder zu bemalen. Historische Spuren verweisen auf die Emigrationsgeschichte und das Kriegsgeschehen im Ersten Weltkrieg, beides Faktoren, die nachhaltig zur Abwanderung der Bevölkerung sorgten.

Noch mehr als in den Karnischen Alpen bestimmen verkarstete Böden die Landschaft, kleine Viehtränken sammeln das Wasser für die Weidetiere. Das Valle Valchiama beschreibt ein entrücktes Hochtal, das an die Schwäbische Alb erinnert.

[Mi 24.7.] Passo Stretto (1058 m) – via SP69 – Abzweig Via Monte Corno – Bocchetta Granezza (1271) – Giardino Alpino Dario Broglio/Monte Corno – Bocchetta Granezza – Rifugio Granezza – Bocchetta Granezza – Passo Cavallino/Quattro Strade (1280 m) – via GG1 (teils Piste) – Malga Seròna – Vasche di Sùnio (1360 m) – Rifugio Pozza del Favaro (1268 m) – via Waldpiste – Cesuna – Canove – Asiago – Camporovere – Ghertele (Picknickareal zuvor)

52 km | 800 Hm

Nach Einkehr in einer Almwirtschaft beim Monte Corno für ein frisches Pannacotta, entwickelt sich die Strecke zur großen Panoramafahrt. Auf der Hochebene setzen sich immerzu die karstigen, in Mulden geformten Weideflächen mit schweigenden Hainen umgeben in Szene. Dazwischen mischen sich Käsealmen, aber auch ein dezente alpine Flora wie etwa des Gelben Enzians.

Eigentlich hatte ich eine andere Route geplant, geriet aber eher zufällig auf die beste Piste mit der schönsten Aussicht. Am Schluss hatte ich dann den falschen Abzweig erwischt und musste mich eine grobe MTB-Waldpiste herunterquälen. Zwischen Cesuna und Asiago kann man auf eine Bahntrassenroute auffahren, die mir aber zu grobschottrig war, hatte ich zuvor schon genügend davon unter dem Pneu.

Asiago feiert sich als prämierte Käsestadt, das gleichnamige Molkereiprodukt geht auf eine jahrhundertalte Tradition zurück und gilt als einer der besten Hartkäse Italiens. Die Auslagen der Läden zeigen ferner Gepäckspezialitäten mit lustigen Motiven. Da ist er wieder, der stille Humor, die Lust an der Freude. Die Stadt ist sehr aufgeräumt und licht für italienische Verhältnisse („hellste Stadt Italiens“), was auch dem Ersten Weltkrieg geschuldet ist, in dem die Stadt vollständig verwüstet wurde. Kaum ein Gebiet in den italienischen Alpen ist so mit Gedenkstätten und Relikten aus der Kriegszeit bestückt wie die Region der Sette Communi. Steril sind die neuen Gebäude aber nicht, man gab sich Mühe, historische Stile nachzubauen, aber weniger eng als üblich. Fast wäre ich noch geblieben, um ein kostenloses Opernkonzert zu erleben.

[Do 25.7.] Ghertele – Osteria Al Termine – Passo Vezzena (1403 m) – Monterovere – Passo del Cost (1290 m) – Gionghi – Lago di Lavarone – Carbonare – San Sebastiano – Passo Sommo (1341 m) – Folgaria – Fondo Grande – Fondo Piccolo – Passo Coe (1610 m) – Lago Coe – Rifugio Valbona

53 km | 1390 Hm

Die Verkarstung wird auf der Anfahrt zum Passo Vezzena nochmal besonders deutlich. Das Flussbett war vollkommen ausgetrocknet, doch ist schlecht vorstellbar, dass dort nicht auch mal größere Wassermengen im Frühjahr hinabfließen. Am kaum merklichen Vezzena-Pass sah es etwas nach Wildwest aus, weil eine Pferdegruppe im Cowboystil über die Höhen zog.

Noch dem offenen Plateau taucht die Strecke in verwunschenen Karstwald ein. Umso überraschender öffnen sich dann wieder weite Horizonttore mit kleinen, aber lebendigen Orten. In einer Senke von Lavarone wartet ein gekünstelter Badesee, der mich nicht so richtig zum Bade einlud, da ich mit typisch italienischem Strandleben auf Kriegsfuß stehe. Der Karstebene geschuldet, wellt sich die Strecke weiter auf und ab, steigt nach einer Siedlungsmulde schließlich stärker zum Passo Sommo an.

Folgaria, eigentlich schon eine zweite Hochebene und am Abhang ins Etschtal gelegen, zeigte sich als betriebsames Zentrum der Region mit einer Reihe von kleinen Läden, die sich vornehmlich an Touristen richten, derer erstaunlich viele durch die Gassen schlenderten.

Nur wenig weiter herrscht dagegen Stille und selbst die Wintersportzentren Fondo Grande und Fondo Piccolo zeugten von geringem Besuchsinteresse im Sommer. Eine letzte Einkehrmöglichkeit für lang gewährt noch der Passo Coe mit einem Weiler, dann taucht die Hochebene in lauschig stilles Weideland ab – nur Wiesen und Kühe. Am Lago Coe ließen sich gerade zwei Gravelbiker zur Nachtrast nieder. Ich fuhr dann doch noch weiter, fand ich den See und das Weideland doch nicht so einladend. So endete ich nahe dem Valbona-Pass, das gleichnamige Rifugio kurz zuvor wirkte verlassen und schien dem Verfall preisgegeben.

[Fr 26.7.] Rifugio Valbona – Forcella Valbona (1785 m) – Rifugio Melegnon – Bocchetta degli Alpini (1566 m) – Sella – Tonezza del Cimone – Arsiero – Velo d’Astico – via Ex Ferrovia Rocchette-Arsiero (Strada del Trenino) – Piovene Rocchette – Santorso – Schio – Cà Trenta – Ancetti – Leguzzano – Sorgente delle Acque

56 km | 515 Hm

Der Tag begann mit tiefen, stimmungsvollen Nebelwolken, die die Berghorizonte verhüllten. Zwar ist der Valbona-Pass die höchste Erhebung der Strecke ins Val d’Astico, doch folgen noch mehrere Querpässe (ohne Hochpunkte zu sein), weil sich hier verschiedene Täler kompliziert verädern. In der fast ausgestorbenen Gegend winkte das Rifugio Melegnon für eine Kaffeepause. Eng gebaut, wirkte die Inneneinrichtung heimelig und die Weinregale ließen eine feine Küche vermuten. Die Abfahrt rauschte nun durch ein bizarres Felsenlabyrinth, mit weiter Aussicht über das Astico-Tal bis zur Asiago-Hochebene gegenüber.

Ab Tonezza ist dann erstmal Schluss mit Einsamkeit. Der Straßenmarkt kam mir gelegen, um eine genussreiche Mittagspause abzuhalten. In Arsiero ist zwar fast die Talsohle erreicht, jedoch schleicht sich die Straße mit bergiger Kulisse noch am Hang entlang. Ein Bahntrassenradweg nähert sich der Straße, endet aber recht rasch wieder. In Rocchette-Arsiero beginnt dann endgültig eine durchgehend urbane Zone bis Schio und weiter nach Vicenza.

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