ALP-2024-TiSA-17
Bergflanken und Täler der Valsugana in den südwestlichen Fleimstaler Alpen
[Di 6.8.] Regnana – Varda – Wanderung Cascata del Lupo (ca. 1 h) – Piazze – Cialini – via Strade delle Strente (gesperrt, aber Lücke vorhanden) – Parkplatz Erdpyramiden Segonzano – Sevignano – Lases /Lago di Lases – Albiano – Lago di Santa Colomba (933 m) – Sant’Agnese – Torchio – Madrano – Canzolino – Lago di Canzolino – Riposo – Montagnaga – Miola – Lago della Serraia
49 km | 1075 Hm
Gut gelaunt ging es hinunter, ein kleinerer Hügel wieder hinauf. Schlecht gelaunt war ich wenig später, als der Wandersteig zur Cascata del Lupo deutlich länger Zeit beanspruchte als ausgeschildert und ein heftiges, kaum gangbares Geläuf hatte. Später war ich noch mehr erzürnt, als ich auf der eigentlich gesperrten Straße an dem einfachen Zugang zum Wasserfall vorbeikam – fast eine Stunde und etliche Schweißtropfen hätte ich da sparen können.
Ein netter Laden rund um Honig und die Biene war gerade Gastgeber für einen Kindergeburtstag. Besonders lecker schmeckte mir der Honig mit Kaffee gemischt – sonst noch nirgendwo gesehen. Nachdem ich die akute Baustelle geschickt umgehen konnte, obwohl mir ein Ortsbewohner vorenthielt, war ich flugs im nächsten Tal, dem Valle di Cembra. Der Zugang zu den Erdpyramiden liegt gleich bei der Straßenverzweigung, noch deutlich unterhalb des in Logenposition thronenden Ortes Segonzano. Diese Erdpyramiden sind eintrittspflichtig, jedoch kann man bereits von unten das zu erwartende Ensemble gut erkennen. Der mühsame Weg dorthin schien mir nicht lohnend, auch gemessen an den anderen Erdpyramiden, die ich bereits auf der Tour gesehen hatte.
Das Valle di Cembra ist ein weit geschnittenes Tal, über das viele beschauliche Dörfer weithin blicken können. Prägend sind Weinberge, die sich die Hänge hinaufziehen, teils auch bis in die Talsohle reichen. Den Vorzug erhalten Müller-Thurgau-Trauben für Weißweine, wie mir am nächsten Tag ein Weinhändler in Cembra erklärte. Die bekanntesten Weinorte liegen zur Westseite des Tals, doch war ich zunächst im Osten unterwegs.
Angefangen beim Lago di Lases tritt ein weiteres Produkt der Region deutlich hervor: Porphyr ist ein geschätzter harter und bunter Baustoff aus dem Trentino, der speziell in dieser Region die größten Abbaugebiete vorhält. Die Firma Porfido Trentino besitzt hier umfangreiche Abraumhalden, die in den offenen Felsflanken das Sonnenlicht weithin sichtbar reflektieren. Oberhalb von Albiano fuhr ich daher lange an den staubenden Förderterrassen vorbei, die sich gigantisch aufstapeln. Kontrastreich dazu taucht die Straße in einen stillen Kiefernwald ein, der eine ruhevolle Oase auf dem breiten Sattel bildet, gekrönt von einem entschleunigten See. Aus der so gerne genossenen Seepause heruntergeführt, muss ich fast ganz in die Valsugana-Talsohle abtauchen, um den Anstieg für das dritte große Nebental anzutreten.
Tatsächlich ist das Valle de Piné mehr Hochtal als ein stetig aufsteigendes Flusstal. Der Anstieg beginnt daher direkt am Berg und gewinnt schnell die Höhe zur Hochebene Baselga de Piné, welche gleichzeitig so die zentralen Kastralgemeinde bezeichnet. Hier gesellen sich um zwei Seen mehrere wuselige Ortschaften. Der Lago della Serraia ist dabei der größte und touristisch begehrteste See. Gerade rechtzeitig zum Gewittereinbruch erreichte ich einen Picknickplatz unter einem festen Dach. Es braucht nicht viel für einen Glücksmoment.
[Mi 7.8.] Lago della Serraia/Serraia – Sternigo al Lago – Campolongo/Lago di Piazze – Centrale – Brusago – Sveseri (1094 m) – Sover – Piscine – Casatta – Lago di Stramentizzo – SP71/SS612 (Val di Cembra) – Grumes – Valda – Faver – Cembra – Lago Santo (1208 m)
63 km | 915 Hm
Morgens dampfen stimmungsvoll die Spuren des Gewitters über dem See ab. Am zweiten See, dem Lago di Piazze war ich schon am Vortag, als ich leicht oberhalb durch den Ort Piazze gelangte. Hier wirkt alles etwas beschaulicher, aber die Szenerie ist auch weniger eindrücklich.
Die Schnittachse mit dem Vortag währte nur kurz. Das obere Piné-Tal setzt sich als flaches Quell- und Hochtal fort, bietet wunderbare Stimmungen und originelle Details, die die Bewohner geschaffen haben. Der Hochpunkt der Strecke ist kaum spürbar und liegt etwas jenseits des eigentlichen Wasserscheidesattels. Schließlich taucht die Straße mit Ausblick ins Cembra-Tal ein, an dessen Talende die Kluse mit dem Stausee Stramentizzo den Anschluss in das Val di Fiemme bildet, und damit in die höheren Fleimstaler Alpen.
Ich wechselte hier zur westlichen Talseite um wieder den Talausgang zu suchen. Erneut zog eine dunkle Regenfront auf. Ich spekulierte mit einem italienischen Rennradler, welche Richtung wohl die bessere sein könnte. Er wollte noch den Passo Manghen befahren, das ist eine Hochalpenpass, der sich östlicher Richtung ergibt. Meine erste Passage im oberen, westlichen Val die Cembra verläuft zunächst ortsfern, weil die Dörfer über der Durchgangstraße liegen und nur über Extrazufahrten zu erreichen sind. Solches Auf-und-Ab würde ja zu mir passen, doch das Wetter treibt mich schneller die Hauptspur voran. Weiter unten – das Gefälle ist gering, oft auch leichte Gegenwellen – liegen dann die charmanten Weinorte direkt an der Hauptader.
Ein besonderes Ziel wartete auf dem Berg des nächsten Aufstiegs. Der Lago Santo liegt am Ende einer steilen Straße und ist ein entsprechend abgelegener Bergsee, der von stillen Genießern und einigen Wandern aufgesucht wird. Immerhin hat sich auch ein Gasthof etabliert, nur wenige Häuser verteilen sich fast sichtgeschützt um den See, tagsüber bietet ein Kiosk am See noch Verpflegung an. Auch auf dieser Auffahrt passierte ich eine große Abraumhalde für Porphyr, wenngleich nicht ganz so riesig wie auf der Gegenseite bei Albiano.
[Do 8.8.] Lago Santo (1208 m) – Cembra – Lisignago – Verla – Ville – Masen – Stramentizzo (820 m) – Faedo – Masi Canazzi – Maso Sette Fontane – Passo Croce (606 m) – Masa Roncador (659 m) – (Ville) – Verla – Lavis – Lamar – Gardolo – Trento – Piedicastello – Maso Pedrotti/Strada del Monte Bondone (~360 m)
58 km | 865 Hm
Durch die Lärchenzweige blinzelte die Morgensonne, glitzerte der See für freudige Seelensprünge, blendende Kristalle einer sinnlichen Kraftquelle. So steil die Rampe hinauf, so schnell ist dann der Talschuss wieder zurück in die Weinberge. Noch einmal veränderte ich die Richtung vor dem endgültigen Schuss in die Etsch-Ebene. Die Fahrt über das Croce delle Serre führt durch einige Dorfperlen, von denen Faedo als das launigste Weindorf hervorsticht, humorige Gestalten grüßen den Besucher. Die Passhöhe im Wald mit einem markanten Aussichtspunkt wenig darunter führt auf der quellreichen Nordseite an einem alten Bergstollen und einer Wasserleitanlage eines einstigen Bergbaus vorbei.
Jenseits von Faedo hängt die Straße schon weit nach unten durch, bevor ich mein Rad nochmal abfing für den Abzweig zum Passo Croce ergibt. Neben Weinreben ziehen sich auch Apfelplantagen den Hang hinauf, dessen höchster Punkt nochmal etwas fern vom eigentlichen Pass liegt. Die Wasserstelle am Masa Roncador muss ich nach an dem erneut so heißen Tag gleich als Ganzkörperdusche nutzen.
Die restliche Abfahrt endet gleich in einem attraktiven Stadtkern, dem von Lavis. Ich hatte schon mehr als eine Woche über eine neue Kette für mein Rad nachgedacht, jedoch boten sich keine Möglichkeiten am Wegesrand mit einem geeigneten Radladen an. Ich hatte daher auf Trento gesetzt, war aber schon wieder eher zu spät. Der Zufall wollte es, dass ich am Stadtrand einen Bikeshop fand, nur noch 15 Minuten bis zum Ladenschluss. Trotzdem schenkte man mir gleich Gehör und prompt wurde die Kette gewechselt, wenn auch nicht billig.
Nicht unbedingt übersichtlich sind die Varianten zur Einfahrt nach Trento, sodass ich eher einer verkehrsintensiven Hauptspur folgen musste. Trento zeigt sich außerhalb des historischen Stadtkerns auch gerne modern als Gewerbe- und Kongressstadt. War ich zwar schon zweimal in Trento, vermochte ich mich aber kaum an die Stadt zu erinnern. Am meisten dachte ich an meine Schulzeit zurück, als wir auf Studienfahrt nach Rom in Trento einen Übernachtungsstopp einlegten. Damals kreisten viele der pubertären Gedanken um die als heißblütig vermuteten Ragazzas am großen Neptunbrunnen des zentralen Domplatzes. Da wollte ich dann eine kleine Nostalgiepause in einem der vielen Straßenbars machen. Wer weiß, ob so alte Gefühle nochmal aufsteigen.
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