Blick auf Oltre il Colle, mit Bergen
Alpen,  Lombardei,  Touren

ALP-2024-TiSA-19
Göttliche Radsportehre, mondäne Thermenorte, irisierende Uferlichter – die Bergamasker Alpen mit Iseo- & Comer See

[Di 20.8.] Picknickareal Ciclabile Valle Seriana (2 km vor Ponte Nossa) – Ponte Nossa (Gewerbezone) – Gorno – Oneta – Scullera – Cantoni d’Oneta – Passo di Zambla (1264 m) – Zambla Alta – Oltre il Colle – Valpiana – Passo della Crocetta (1056 m) – Dossena – Colle San Gallo (984 m) – San Gallo – San Pietro d’Orzio – San Giovanni Bianco – San Pellegrino Terme – Ambria – via Ciclovia Valle Brembana – Zogno

66 km | 1115 Hm

Der Serio-Fluss fließt hier türkisfarben zwischen gewellten wie geschliffen wirkenden Natursteinplatten hindurch, die fast weiß selbst in der Dunkelheit noch herausleuchten und tagsüber gerne als „Coston Beach“ aufgesucht werden. Mit Sinn für Humor ist einer der großen Steine als Schildkröten-Ente bemalt. Ponte Nossa verfügt über ein großes Gewerbegebiet, morgens treffen sich dort Berufstätige oder Einkaufende vor der Arbeit oder den Öffnungszeiten der Geschäfte in einem SB-Bäckercafé, wo man sich zu günstigen Preisen alle denkbaren Varianten von Frühstück zusammenstellen kann.

Der Passo di Zambla entwickelt sich als geschmeidiger, meist offener Pass mit schon mehr alpiner Bergkulisse als der Vortag präsentierte. Ein Monument verweist auf die einstige Bergbauregion. Auf der Westseite windet man sich über eine Zwischenstufe an lieblichen Zuckerbergen vorbei. Man könnte Oltre il Colle als kultivierte Mischung aus Spielzeuglandschaften des Appenzellerlandes und thailändischen Kalksteinfelsen aus James-Bond-Filmen beschreiben. Großes Theater, ein Dutzend Vorhänge bitte!

Statt ins Val Serino nahm ich noch den Umweg einer Doppelpassroute, um in die Nähe von Bergamo zu gelangen. Das talblickende Bergdorf Dossena hat sich etwas einfallen lassen, um Besucher für ein gewisses Kribbeln zu gewinnen. Unweit eines Steinbruchs überspannt die Ponte del Sole 505 m der Bergflanke, wo sich in früherer Zeit der mittlerweile verschwundene Pfad Via Mercatorum zwischen Serina und Dossena befand. Dem als längste tibetanische Hängebrücke der Welt gepriesene Laufsteg blieb ich in sicherer Distanz fern, derweil sich die Hasardeure ihr Abenteuer mit Seilgeschirr absichern lassen. Ob das die tibetanischen Bergvölker auch so tun?

Die alte Via Mercatorum verlängert sich noch weiter ins Valle Brembana über den Colle San Gallo und wird als Straße der Migranten, Künstler, Dachse und Harlekine bezeichnet. Mit San Giovanni Bianco erreichte ich das Valle Brembana, in dem immer wieder alte Steinbogenbrücken romantische Stimmungsbilder ins Auge werfen.

Flugs erreiche ich noch einen Ort, der für sein Wasser weltbekannt ist. San Pellegrino kämpft sicherlich auch etwas mit der verblichenen Noblesse eines Kurortes, soweit das ehemalige Grandhotel heute droht eine verfallene Ruine zu werden. Intakt mondän wirkt aber immer noch die Therme. Südlich der Stadttore erst findet sich die Getränkefabrik für Flaschenwasser und Limonaden, deren gigantisches Logistikzentrum eher für volle Ertragsbücher spricht Erst in Ambria bemerkte ich, dass es auch einen Radweg eigentlich schon ab San Giovanni Bianco gegeben hätte.

[Mi 21.8.] Zogno – Via Monte Basso – Passo Sant’Antonio Abbandonato (1000 m) – Castignola di quà – Brembilla – Laxolo – Colle di Berbenno (708 m) – Berbenno – Ponte Pietra – Ponte Giurino – Medega – Capizzone – Bedulita – SP16/Madonna (~900 m)

49 km | 1475 Hm

Der erste Anstieg des Tages ist auch gleich der heftigste, ganz früh war ich auch nicht mehr nach dem Einkauf in Zogno und einem Smalltalk mit einem Nigerianer, den ich etwas mit meinen Kenntnissen über nigerianische Musik beeindrucken konnte. Die folgenden Westflanken vom Passo Sant’Antonio Abbandonato und Colle di Berbenno ähneln sich etwas, beschreiben sie weitschweifende, aussichtsreiche, nur mäßig abfallende Höhenrouten durch dicht besiedeltes Bergland, während in den Talsohlen nur wenig Platz ist.

Von Berbenno verfehlte ich die eigentlich geplante Abfahrt und landete daher nördlicher in der Talsohle des Valle Imagna, schon am südlichen Rand von Sant’Omobono Terme. Ich hatte dabei übersehen, dass ich den Valcava-Pass über den nördlichen Anfahrtsbogen nun näher war als meine geplante Route. So konnte ich aber nicht grollen, da ich so in Ponte Giurino noch eine versteckte pittoreske Römerbrücke entdecken konnte.

In den kleinen Läden der Orte war kaum was zu bekommen, da hätte ich wiederum besser über Omobono fahren müssen. Dringlicher wurde dann aber die Suche nach einer Zeltecke an der Auffahrt, die zwar bei moderater Steigung sich etwas flotter fahren ließ, aber auch deswegen eine ziemlich lange Strecke ausmacht. Im Nacht- und Walddunkel fand ich dann eine Madonna im Bildstock geschützt, die mir eine kleine Fläche bereitstellte und auch noch Wasser anbei aus einem Brunnen spendierte. Wozu doch heilige Jungfrauen immer wieder nützlich sind.

[Do 22.8.] SP16/Madonna (~900 m) – Cà Canzo Valpiana – Costa Valle Imagna – Laghetto del Pertus/Passo di Forcella Alta (1310 m) – Passo di Valcava (1340 m) – San Marco – Torre de Busi – Favirano – Foppenico – Calolziocorte – via Radweg – Pasolo – via Radweg – Lecco – Malavedo – Laorca – Ballabio – Colle Balisio (727 m) – Pasturo – via Pista ciclopedonale della Valsassina – Cascata dello Sprizzottolo

63 km | 1150 Hm

Nicht weit ist es dann zu der langgezogenen Ortsterrrasse von Costa Valle Imagna, über die man weit in das obere, recht stark zersiedelte Valle Imagna schauen kann. Hier gab es einen Laden für das Nötigste, solcher Kunde auf Gepäckesel musste dann gleich bewundert und befragt werden, sonst sieht man hier wohl nur leichtgewichtige Rennradler vorbeifahren.

Der Valcava-Pass ist schon eher kultig beliebt, führt er ja auch zur anderen Seite letztlich zum Comer See hinunter. Dazwischen liegen dann noch mehr Hindernisse als gewünscht. Von der Straße weiche ich zunächst in eine Sackgasse am Laghetto del Pertus ab, der ebenfalls auf einer Passhöhe zum Comer See liegt, hier auch mit Aussicht zu sehen, wenn das Wetter nicht so stark eingetrübt wäre. Der Weg hinunter enthält allerdings mir unbekannte Schotterpassagen, sodass ich es unterlasse habe, von mienr Route weiter abzuweichen. Den kleinen künstlichen See hatte mir am Vorabend ein Autofahrer als Campingtipp gegeben, da ich mich noch weit unten in den großen Kehren befand, als es schon dunkel war. Tatsächlich sah man letzte Zelter ihre Ausrüstung zusammenpacken.

Die Zeit für den Umweg zum See nutzte der Schleusenmanager im Himmel für eine weitere fette Brause, die sich am Passo die Valcava ergoss. Da war es gerade recht, ein Dach von einem Verkaufskiosk für Schinken und Käse zu erwischen, noch andere Radler drängten sich darunter. Indes machte der Händler mit dieser Klientel kein Geschäft. Der Gewitterwolkenbruch hielt sich an eine kurze Arbeitszeit und in der Dampfluft konnte ich die Abfahrt antreten. Anders als gedacht, ergeben sich keine Ausblicke zum Comer See, weil der Valcava-Pass doch recht südlich von Lecco an der Adda endet.

An der Adda kann man einen Uferweg mit Rad befahren, nur kurz muss man auf die Straße zurück. Es wechseln Flussbiotope mit aufgestauten Seen, sodass beide Uferseiten meist weit auseinanderklaffen. Auch kann ich nicht sagen, welche die schönere sein mag, wohl sind beide Seiten mit Vor- und Nachteilen versehen. Gute Badestellen sind aber selten, schon weil der Seegrund hier zu klitschig und steinig ist, die Uferzone extrem flach.

Hatte ich schon in Schio in den Vizentiner Alpen versucht, meine verlorene Lombardei-Karte zu ersetzen, war Lecco der erste Ort, wo Zeit und Angebot mir das ermöglicht hätten. Nun hatte ich aber schon mit lokalen Infotafeln und Smartphone mich soweit durchgemogelt, dass ich bald wieder auf vorhanden Kartenausschnitte zurückgreifen konnte und damit der Kauf der Karte obsolet wurde. Am Ufer suchte eine angeheuerte Fotografin für ein Brautpaar das Traumfoto zu schießen, meine Braut war dann das Fahrrad – jeder so wie er hat und kann.

Am Innenstadtrand protzt die Deutsche Bank mit einem futuristischen Gebäude. Wie ich am nächsten Tag von einem Rennradler und zufällig ehemaligen Mitarbeiter der Deutschen Bank aus Frankfurt hörte, handelte es sich um eine Übernahme der italienischen Lecco-Bank, also die Bauherren war ursprünglich doch die Italiener. Die Ausfahrt Lecco machte dann wenig Spaß, zuviel Verkehr drängte sich den Berg zum Valsassina hoch. Die Straße ist zunächst sehr steil, führt durch gestaffelte, fast marode Häuserberge, die aber gut bewohnt sind. Öffentliche Busse wühlten sich in gutem Zeittakt bis zum letzten Ortsteil von Lecco, weiter ins Hinterland ist wohl weniger gut erschlossen.

Da es mittlerweile eingedunkelt war, konnte ich gar nicht recht erkennen, wo ich mich befinden könnte. So war ich überrascht, plötzlich schon nahe der Passhöhe zu sein. Dort war ebenso noch gut Betrieb und besiedelt, erst mit Abfall der Straße ins Valsassina wird es merklich ruhiger, wohl auch wegen der Uhrzeit. Bei Pasturo fand ich auf den Rad- und Wanderweg, der sich auf den ersten Metern noch etwas langweilig durchs Hochtal bewegt, aber bald mit näher rückenden Bergen bei einer Kluse eine eindrucksvolle Landschaftsfahrt gewährt. Dafür sollte es Tageslicht haben.

[Fr 23.8.] Cascata dello Sprizzottolo – via Pista ciclopedonale della Valsassina (Pasturo/Introbio) – (Introbio) – Cortenova – Parlasco – Chiesa degli Alpini di Agueglio di Perledo – Passo di Agueglio (1163 m) – Esino Lario – Perledo – Regolo – Gittana – Riva di Gittana – Bellano – Dervio – Dorio – Colico

62 km | 920 Hm

Der Wasserfall mit Picknickplatz lag morgens noch im Schatten. So früh noch vor meiner Weckzeit lehrte der Mülldienst den Abfallkorb – wie das alles so gut funktioniert, als Deutscher staunt man immer mehr im tugendreichen Ausland, was in good old Germany immer mehr verloren geht. Erste Radler und Wanderer folgten bald, um die ganze Schönheit des Tals zu genießen, bevor noch Ausflugslokale öffnen. Einen Nachteil hat der so wunderbare Radweg doch noch, da einige Orte auf der anderen Uferseite schnell ungesehen vrobeiziehen, sind die Zugänge auch mal umständlich.

Das flache Zwischenspiel endete für mich in Cortenova bei einem kleinen Laden und Picknickareal, wo ich schon auf besagten Frankfurter Ex-Deutsche-Bank-Radler traf. Die Straße zum Passo di Agueglio entwickelte sich herrlich im Sommergefühl, zunächst mit Ausblicken in die Gegenhänge des Valsassina, durch lichten Bergwald und später mehr und mehr mit kurzen Ausblicken zum Comer See.

Auf der Westseite windet sich die Straße eng und steil durch Dörfer und Kehren, die Ausblicke nun immer mehr mit Riviera-Feeling und Pausen des Staunens. Mit einem Zwischenanstieg blieb ich zunächst über der Uferstraße, sodass ich einige Tunnels am Seeufer zwischen Varenna und Bellano umgehen konnte.

Die Seestrecke war nun wider Erwarten entspannter als gedacht, der Verkehr überschaubar. Überall locken kleine Ortsstrände zum Baden, versteckte Buchten finden sich aber kaum. Im flotten Flow vergaß ich, die mir zuvor von einem italienischen Radler empfohlene Halbinsel mit der Klosteranlage Abbazia di Piona anzufahren. Das war umso kurioser, da ich beim Abzweig mich noch mit einem deutschen Bikepacker unterhielt, der ein Hotel suchte und dafür die Halbinsel nach Olgiasca anfuhr. Da hätte ich eigentlich mitfahren müssen.

Statt ruhiges Kloster dann halt Kirmesrummel in Colico. Der nördliche Uferschluss vom Comer See hat sich zu einem Hotspot des Seetourismus entwickelt, obwohl es keine besondere Ortsperle ist wie viele andere Orte am See. Dafür gibt es hier mehr Platz für Campingplätze, Festwiese mit Kirmesattraktionen und Musikacts sowie eine weitläufige Promenade mit Gastromeile. Da hatte ich zunächst im Ort in einem etwas schmuddeligen Bistro eine Tagliatelle Bolognese verspeist und bemerkte die vielen Lokale am See erst später.

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