The Bad Plus
These Are The Vistas
Columbia 510666-2/Sony
Wer nach dem Cover von „These Are The Vistas“ urteilt wird den drei skurrilen Kerlen von The Bad Plus eine schräge Comedy-Nummer oder allenfalls abgehängten TripHop-Jazz zutrauen. Was Bassist Reid Anderson, Pianist Ethan Iverson (Bild) und Schlagzeuger David King aus dem Fundus von Rock, Jazz und Klassik allerdings zu Wege bringen, ist ein druckvoll swingendes Spiel, das von hoher Kreativität zeugt. Dabei dienen harmonische und melodische Strukturen mit romantischem Pathos als Grundlage, die von Rock-infizierter Rhythmik vorangetrieben und in finessenreichen, unerwarteten Wendungen im Zeichen des postmodernen Jazz sich zu einer clusterhaften Klanglandschaft verdichten, die von tiefem Swinggefühl, brillanter Klarheit und humoriger Spielintelligenz gekennzeichnet ist. Man wird entsprechend viele Anleihen heraushören können, so Medeski Martin & Wood, E.S.T. , Rachmaninow oder sogar Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“. Nicht zuletzt haben sich die drei in ihren Kompositionen von den gegensetzlichen und facettenreichen Gemälden von Stephen Collier inspirieren lassen. Den drei im Booklet abgebildeten Werken ordnen sie Attribute zu wie „traurig und einsam“, „glücklich und strahlend“, „dunkel, stark und unbeweglich“ – ebenso treffend für ihr brüllendes Potpourri aus Rhythmen und Tonfolgen. „Guilty“ bezeichnen The Bad Plus als einen Blues, der „die Stadt, den Dschungel, den Zement, den Boden, den Whisky, den Regen, die Jeans, das Nackte“ verkörpert. Das ist sensationelle Musik, die unmittelbar ins Ohr geht, lebt, schmeckt und riecht.
publ. Jazz Podium 5/2004