Wildseemoor Kaltenbronn, Steg, mit Herbststimmung
Schwarzwald,  Touren

SW-2017-2 Goldener Oktober am Wildseemoor

2 Tage ░ 14.-15. Oktober 2019

  • 205 km
  • 2780 Hm
  • 103 km/d
  • 1390 Hm/d

  • 16,3 km/h
  • 1356 Hm/100 km

Goldener Oktober im Schwarzwald – das hat seine Reize auf den warmen Höhen, in den Mischwaldtälern, den Weinberghügel am Westrand und besonders auch in den Mooren. Das Wildseemoor in Kaltenbronn ist da ein rechtes Kurzreiseziel fürs Radl, farbenprächtig die Lichtstimmungen, pilzreich die Waldböden, aber auch ergreifend die morgendlichen Nebeltaue in den Tälern.

Sa15.10.Stuttgart – Echterdingen – Steinenbronn – Waldenbuch – Pfrondorf – Tübingen – Hirschau – Wurmlingen – Ochsenbühl – Seebronn – Bondorf – Mötzingen – Nagold – Berneck – Aichhalden – Simmersfeld100 km1325 Hm
So16.10.Simmersfeld – Absetze (843 m) – Enzklösterle – Sprollenhaus – Kaltenbronn/Parkplatz – Wildsee – Kaltenbronn/Parkplatz – Schwarzmiss (933 m) – Hilpertsau – Gernsbach – Gaggenau – Michelstadt – Freiolsheim – Malsch – Ettlingen – Waldbronn-Reichenbach – Karlsbad-Langensteinbach – Keltern-Ellmendingen – Pforzheim || Stuttgart105 km1455 Hm
Herbstlaub nah

Landflucht mit Natur oder Aufstieg mit Gewerbepark?

Auf bekannten Wegen lockte der letzte Sommergruß des Jahres an einen Baggersee im Neckartal am Fuße der Wurmlinger Kapelle bei Tübingen. Schleichend nähert sich dann leicht hügelig die unscheinbare Grenze zwischen Gäu und Schwarzwald. Das Nagoldtal für sich ein Glitzerbogen auch im Herbst gefällig bleibt diesmal nur angerissen. Es ist aber auch in der Nagoldecke gewerbeintensiv mit aufstrebende Hightech-Siedlungsorten. Auch im unscheinbaren Simmersfeld auf der Höhe hat sich ein großes Gewerbegelände breit gemacht (Nutzfahrzeuge). Die Arbeitsplätze locken Häuslebauer an, billiges Bauland, große Häuser, Familienzuzug auf das Land – Landflucht vice versa.

Das Geld der neureichen Zukunftsbranchenarbeiter hat eine Kehrseite – sie brauchen keine Gemeinschaftsorte mehr – the home is my castle. Das klassische Gasthaus – von Touristen schon gar hier ganz verschmäht, und außerhalb der Saison noch mehr – macht noch Kasse mit Treffpunkten von Gruppen und Vereinen. Das Kränzchen der Vertriebenen-Damen (ehemals Polen-Bewohnerinnen wohl insbesondere) löste sich noch auf, während ich mein Abendmahl zu mir nahm. Viel wurde da geplaudert, weniger konsumiert. Die Gastwirtin durfte ein paar Schorlen abrechnen. Mehr wurde schon am Vereinstisch der Hobbyjäger aufgefahren – Jägerprobleme sind auch dem Schwarzwälder näher als der Vertriebenenplausch. Das darf man zumindest der Länge der Sitzung nach so beurteilen – das Ende erlebte ich nicht, wenngleich ich alsbald zum Experten für Jagdwesen wurde.

Holzhütte mit Velo und Herbstlaub, mit Malfilter strukturiert

Ein bisschen Jägerlatein 2.0

Kaum waren die Damen gegangen, klang dieVorglühphase des Jägertreffens ab (nein, es waren nicht nur Herren, eine Jägerin hielt die Quote) und der verantwortliche Hauptpächter erhob die Stimme zur Sitzung zur Satzungsänderung des Hobbyjägervereins (mehrwohl eine Gruppe als ein eingetragener Verein, war aber nicht zu ermitteln). Es seien neue Zeiten, die Welt ändere sich, auch der Jäger tue dies. Der Jäger sei gefordert mehr im Beruf und in Familie, Jagd als Hobby (es waren hier also keine hauptberuflichen Förster) werde zum Randhobby – von den zeitfressenden digitalen Zeitmanagern wollte er wohl nicht reden, dachte es aber wohl. Der Jäger ist zur Jagd hinter dem Moorhuhn unterwegs, den Auerhahn hat er noch nie gesehen. Irgendwie war früher alles besser, so ließ sich zwischen den Zeilen heraushören.

Weißer Pilz

Anders gesagt: Der Hobbyjäger kommt seinen Pflichten nicht mehr nach, es wird zu wenig Wild geschossen. (Besagte Jagdgruppe hat sich u.a. verpflichtet 25 Rehe pro Jahr zu schießen, das wurde wiederholt deutlich verfehlt.) Weiter verloddern Futterstellen, Hütten und Gehegepflege allgemein. Der Pächter nun schlug klarere Jagdrevieraufteilungen vor, aber auch klarere Verantwortlichkeiten. So ging das nun mit der Rede weiter über meinen Zwetschgenkuchen und das zweite Bier hinaus. Der Pächter drohte bald an, seine Rede möglichst nicht zu unterbrechen, da anschließend Punkt für Punkt noch jeder Stellung nehmen und alles nochmal von hinten aufgerollt werden solle. Mein Bedauern gilt der Gastgeberin, der am Abend noch einige Geweihe gewachsen sein dürften.

Mikroklima mit Igel

Ich bin hier noch zu Dank an die Gastwirtin vom Anker verpflichtet, das Gastgärtle zwecks Zeltaufstellen genutzt haben zu dürfen, im Sommer wohl eine Art kleiner Biergarten, im Herbst eine Heimstatt umtriebiger und schlafstörender Igel. Ohne mikroklimatische gewünschte Bedachung wurde natürlich das Zelt tropfnass, obwohl die Nacht vergleichsweise mild blieb. Morgens über 8 °C, eine knappe Stunde später im Enztal waren es gegen 3 °C weniger. Die Höhenlagen waren wärmer – nicht mal klassische Inversionswetterlage, sondern Folge längerer Sonneneinstrahlungen und weniger Verdunstungskälte bis zum Nebel, der die Täler füllt und auskühlt. Im noch dämmerungshellen Berneck reicht das Überziehen einer Hose für das völlige Beschlagen der Brille vom anliegenden Dorfweiher her. Schon das Nagoldtal lag spätnachmittäglich komplett im Schatten.

Der Blick darf hier auch zurückfallen auf die Strecke von Berneck nach Aichhalden hinauf, ein von mir bisher noch nie befahrenes Tal, dass lieblich geschwungen hinaufführt, in den Steigungen moderat, licht im Antlitz etwa mit kleineren Birkenbeständen nebst der Aue. Der Bote meint: Eine lohnende alternative Empfehlung zum Aufstieg auf die Schwarzwaldhöhen, etwa Richtung oberes Enztal oder Freudenstadt. Eigentlich hätte es auch noch zum Campingplatz in Enzklösterle am Abend reichen können, ich unterschätzte jedoch die Topographie dorthin. Schnell sind ja auch die Gaststuben im außersaisonlichen Schwarzwald geschlossen – sogar auch mal mitten im Sommer (schlechte Erfahrungen schon auf solcher Tour dort in der Nähe). Am Ende war die Übernachtungswahl dann auch günstiger – rein klimatisch betrachtet, in Enzklösterle hätte es Bodenfrost gehabt.

Kegelsteine und Kind und Kegel

Das eigentliche Reiseziel lag nun nur noch eine Auffahrt entfernt, mal vom kurzen Abschwung im Enztal abgesehen. Gleich der unterste Teil des Kegeltals bis zur Ortschaft Sprollenhaus verkörpert den glanzvollsten Teil von Bergstraßen-Feeling. Korpulente Kugelsteinblöcke kegeln (Name!) sich an den Straßenrand, wild rauscht der Bergbach nebenan, nur von einer Leitplanke getrennt. Leuchten und Glitzern in der Iris bis zum Goldglanz des Laubdachs. In Sprollenhaus nochmal Talöffnung für Schafweide, dann schließt sich bald Schwarzwald dunkler zu den Seiten. Nicht auszublenden aber dieses Jahr durch frühen feuchten Herbst die Fülle an Pilzen am Wegesrand – auch größer als in anderen Jahren.

Roter Pilz

Wähnte ich mich komfortabel trotz Bäckerfrühstück in Enzklösterle ausreichend früh in Kaltenbronn, musste ich zur Kenntnis nehmen, dass um zehn Uhr schon das halbe Rheintal mit Auto die Parkplätze rund um Hotel und Forsthaus mit Infozentrum zum Naturschutzgebiet des Hochmoores besetzt hatten. Kind und Kegel bevölkerten nunmehr die Waldpisten, für Radler gut fahrbar, jedoch nur in den Randzonen der Moorlandschaft.

Viva da Moore

Zum Wildsee selbst geht es hingegen ab einer Kehre über Bohlenweg – hier muss man als Radler absatteln, vor allem natürlich wegen des Wanderbetriebs. Es sind vomn der Straße gute zwei Kilomter, aber größerer Teil ist durchaus auch noch bei mittlerem Publikumsandrang noch radelbar.

Spinnweben am Waldboden mit Weg

Der andere Teil des Hochmoores (so benannt nicht wegen der Höhenlage, sondern aufgrund der Dicke der Torfschicht – hier am Wildsee bis zu ca. acht Meter) liegt nicht weniger ungünstig abgelegen zur Straße mit dem Hohlohsee vice versa, genau genommen sind es sogar zu beiden Seiten jeweils zwei Seen. Die Perle jedoch ist der Wildsee (nebst kleinerem Hornsee) – auch bestens mit Bohlenpromenade und Picknickbänken ausgestattet.

Das Moor braucht jedoch Stille, um Mystik zu verbreiten. So ist man in Zeiten des großen Wanderansturms bereits zu spät. Mehr noch erlebt man die besonderen Stimmungen am frühen Morgen oder abends – man denke wie auch hier in Enzklösterle erlebt, an die aufsteigenden Nebelschwaden. Dazu ist es fast dringlich zu empfehlen, im Hotel Kaltenbronn zu übernachten und zu früher Morgenstunde ans Moor zu wandern. So fiel es mir auch leicht, auf eine weitere Exkursion zum Hohlohsee in der Mittagszeit zu verzichten.

Blick von Scharzmiss auf Murgtal
Weite: Schwarzwaldblick bei der Schwarzmiss

Motorbiker – Macho, Macho mit Todesmantel

Es kann der Radler nicht alles haben, auch nicht die Straßen für sich allein an Oktobertagen wie diesen güldenen. Motorradgruppen die lästige Konkurrenz für eien echten Pedalgeist. Im Murgtal von Gaggenau nach Michelbach schien das irgendwie noch gemäßigt trotz Mittagszeit, in Richtung Freiolzheim schon schweißtreibende Sommerwärme. Die Strecke knapp am Mahlberg vorbei ist steigungstechnisch noch schärfer als die Ostflanke Kaltenbronn. Bereits im selben Jahr noch im Sommer auch gefahren, machen sich die abmagernden Wadeln bemerkbar – alles fällt schwerer.

Doch darf ich mich glücklich um meine Langsamkeit schätzen. Da schwebt auf einmal ein Hubschrauber über mir, offenbar einen Landeplatz suchend. Der ist aber erst zur Höhe in Freiolsheim. Unterwegs wird dann klar, warum. Stehen konstanierte Motorbiker um einen Krankenwagen herum. Oben angekommen, sind dann Krankenwagen und Hubschrauber vereint, wenn man so will strategisch günstig ist der Friedhof gleich anbei. Noch aber schien der Motorradler mit Atemmaske lebendig. Für den Radler hingegen lebensnotwendig, bietet der Friedhof eine anzapfbare Wasserader.

Dörfliche Herbstfeste für Autostädter

Im Vergleich zum Wandermassenauflauf in Kaltenbronn oder auch beim verkaufsoffenen Sonntag in der Ettlinger City blieben die ebenfalls noch einladenden Baggerseen recht dezent besucht – so auch auch der bei Sulzbach. Es war also durchaus Idylle zu finden. Die restlichen Orte in Richtung Pforzheim schienen zur Hälfte Herbstfeste irgendwelcher Art zu feiern, was wohl viele Pforzheimer aufs Land lockte. Letztlich konnte man aber doch ganz passabel auch die Straßen befahren und Pforzheim ward bei Dämmerung erreicht – wohl sucht der Autofahrer noch schnellere Straßen. Ein nur kurzer Ausflug des Boten– doch herrlich im goldenen Glanz einer der schönsten Herbsttage des Jahres.

Logo Schreibfeder, Pedal mitAugen, Rad, weißer Hintergrund

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