ALP-2020-RA-5
Altstadtperle, Heidi, Wein- und Burgenland, mitunter fürstlich stramm: Vom Alpenrhein-Rätikon zum Bodensee
Inhalt
- Liebliches Schweizfinale
- Liechtensteins fürstliche Bergwelt
- Vorarlberger Alpenrheintal und Bodenseeufer
Liebliches Schweizfinale
I love Chur
Chur ist schön – eine Stadt mit viel Charakter. Die Altstadt lädt mit zahlreichen Cafés und Restaurants ein – lebenswert, stilvoll, ruhige Ecken, Brunnengeplätscher, Schattengeflüster, Sehenswertes über Kopf, Fassadenkurioses auf Augenhöhe, Zuckersüßes hinter goldenen Tresen. Eine bessere Annäherung wie von der Arosastraße kann man nicht wählen. Von einem Pavillon als Aussichtspunkt öffnet sich der Stadtüberblick mit allen Facetten. Modernes in Symmetrielinie, alte Türme und Giebel davor, Weinbergarena an der Seite, Alpenrhein hinweg zur Rechten. Sonnenglanz und Geschichtsbuch, lebensfroh und doch beschaulich. Über den Dächern von Chur wäre filmtauglich.
Die Fassade stellt eine Interpretation einer Churer Sage dar. Demnach versuchte einst ein Mann aus der Gegenwart zu flüchten, indem er sich langes Leben von einem Engel erflehte. Der Engel gewährte ihm den Wunsch. Doch musste der Mann feststellen, dass nach sein Gebeten die ihm bekannten Menschen alle verstorben waren, einschließlich seiner so sehr begehrten Braut. Der suchte sein Schicksal in einer ihm unbekannen Gesellschaft zu erklären, sogar eine Feuersbrunst hatte Chur viele alte Häuser geraubt, auch das Haus seines Vaters. Sobald merkte er im Spiegelbild, wie sehr er selbst gealtert war. Das Bild versucht mit Farben und verschiedenen Uhrzeiten, Häusern und Gegenständen den Zeitsprung zu verdeutlichen. Jüngst erzählten Einwohner von Chur, dass das Bild sich in seltsamer auf velophile Weise verändert häbe, andere behaupten, es häbe schon immer so ausgesehen…
Durch Weinland zu Kunst und Heidi
Die Ausfahrt an der Ostflanke des Alpenrhein ist zunächst unerfreulich – viel Verkehr, laut, auch unschön. Bald aber ein Nebenweg an den Weinreben vorbei, ein kleiner Hügel. Aber der heiße Sommerwind ist unerbittlich – trocken der Mund. Bis Landquart muss ich schon beißen. Dann wird es freundlicher, ländlich, die Verkehrsachsen fern. Malans grüßt als Perle und Tor zu einer Weinroute in Halbhöhenlage. Künstler haben sich hier niedergelassen, bunte Fensterläden schmücken die alten Dorfhäuser. Die Muse hat hier seine Geschichte, denn Johann Gaudenz von Salis-Seewis heißt der Dichtersohn des Ortes, ein Romantiker aus der Zeit Sturm und Drang, der ähnlich wie Goethe auch Staatsämter bekleidete.
Die Hitze ist noch lange nicht vorbei, am Brunnen erfrischt bei später Mittagsrast in Jenins. Eine steile Anfahrt lockt mich doch, weiter auf der Höhe zu bleiben. Die Ausschilderung könnte passen, ein Radler bestätigt mir etwas mürrisch, ja es ist fahrbar in Richtung St. Luzisteig. Die Route führt direkt am Heididorf vorbei, dafür nicht am Heidibrunnen wie die Straße von Maienfeld nach Luzisteig. Heididorf, das sind Alleen und Wiesenglück mit Bergpanorama. Eine Heidi ist irgendwo zufällig auf der Wiese – es ist manchmal wie im Märchenfilm. In St. Luzisteig ist dann Ende mit Märchen – da wird es militärisch. Ein Militärmuseum platzt etwas unbeholfen in die Bergwiesenlandschaft, die etwas weiter unten von einer gewaltigen Festungsmauer unterbrochen wird. Es grüßt der Abschied aus dem Friedensland mit militaristischer Eitelkeit.
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