Stilisertes Bild mit Brunnen, grünem Reisevelo Haus, blaues Auto und Dorf Tschiertschen
Alpen,  Ostschweiz,  Schweiz,  Touren

ALP-2020-RA-4
Bahnwelten II, Schellen-Ursli und Dörfercharme: Vom Unterengadin durchs Landwassertal in die Plessur-Alpen mit der Ferienregion Lenzerheide-Arosa

Inhalt

Galeriedörfer des Unterengadins – schmucke Balkone über dem Inn

Kirche auf Fels über Inn, mit überdachter Holzbrücke
Markantes Ufer am Inn: Scuol mit Kirche auf dem Felsen

Scuol lehnt sich heute vergeblich an den Nordhang, die Südsonne bleibt ausgeschaltet. Sowohl die alte Holzbrücke über den Inn und dem charakteristischen Kirchlein auf einem Felsen, wie auch der Altstadtkern mit einem weitläufigen Brunnenplatz und einer ansehnlichen Galerie von Engadinerhäusern liegen weit unterhalb der Hauptwohn- und Gewerbegebiete. Dem pittoresken Scuol wie auch der folgenden Dörferstrecke durchs Unterengadin widmet sich auch mein Special Das Engadinerhaus – mehr als eine kunstvolle Heimstatt, woran ich hier passend nochmal erinnern möchte.

Brunnenausfluß mit Blumenbouquet
Brunnengruß aus Ftan

Mit dem Inn ist auch die Bahn zurück, wenngleich die Trasse am Fluss entlang weniger spektakulär verläuft als im Albula-, Landwasser- und Berninatal. In Ftan verunsichern mich kalter Wind und immer wieder Regenschauern zur Weiterfahrt. Ftan schwebt nicht unerhebliche 500 Meter über dem Inn, zugleich aber Teil der Auf-und-Ab-Dörferfolge im Inntal, der unten das blaue Band zieht, der Nationalstraße und Bahn folgen. Das Tal überwacht indes das imposante Schloss Tarasp auf einem markanten Burghügel über dem Inn – schon vor fast 1000 Jahren legten Strategen den Grundstein für das Unterengadiner Wahrzeichen.

Von Kinderbuch zum Mythos

Wie in einen Hügelgarten eingearbeitet wirkt Ardez, nunmehr wieder unten im Inntal und erneut ein Freilichtmuseum für das Engadinerhaus. Dem Tal folgt wieder Berg mit Bos-cha – kaum ein Dorf, mehr ein Weiler. Am oberen Hang verweilend, folgt Guarda über dem Inn – die nunmehr letzte große Perle der Sgraffitihäuser. Besonders bekannt ist Guarda als Heimat von Schellen-Ursli, Kinderbuchfigur und Heile-Berg-Klischee aus Schweizer Feder, mehr darüber zu lesen im bereits erwähnten Feature zum Engadinerhaus.

Obwohl schon unten Lavin vor Augen liegt, macht die Radwegpiste noch einen Bogen durch Wald und Streuobstwiesen mit Wasserfall in einer spitzen Felskehre. Eine Radwegpiste verläuft auch jenseits von Lavin mehr oberhalb und abseits durch Wald abgeschirmt vom Inn in Richtung Susch, zur anderen Seite von Nationalstraße und Eisenbahn. In der Pizzeria Flüela verkoste ich ein typisches Graubündner Gericht, Capuns, Rouladen aus Mangoldblättern mit Spätzleteig gefüllt, Schinkeneinlage und Käse überbacken. Herzhaftes Ende vom Engadin.

Schalensteine (auch Hexensteine) als historische Wegezeugnisse

Sogenannte Hexensteine sind noch immer rätselhafte Zeugen früherer Zeiten. In die Platten aus Kalkschiefer sind über 100 schalenförmige Vertiefungen eingearbeitet worden, die zudem teils durch Rillen verbunden sind. Die Schalensteine fanden Verwendung von der Jungsteinzeit vor 4000 Jahren bis ins Mittelalter. Die Ardezer Hexenplatten zählen zu den ganz alten Steinen. Der Nutzen ist indes unklar. Man vermutet praktische Anwendungen als Wegemarkierung oder Amboss. Sie könnten aber auch kultische Bedeutung gehabt haben. Die seltsame Form der Schalensteine verlieh ihnen dann auch den Namen der „Hexensteine“.

Vom Val Susasca ins Landwassertal – Felsenland mit Zauberbergmythos und Weltdorf

Sa 25.7. Susch – Flüelapass (2383 m) – Tschuggen – Davos Dorf/Platz – Davos Glaris – Schmelzboden – via Zügenschlucht (Radpiste) – Bärentritt – Station Wiesen/Aussichtspunkt Wiesener Viadukt (1215 m) – Davos Wiesen (1437 m) – Schmitten – Alvaneu Dorf – Abzweig Belfort/Lenz (1056 m) – Brienz (1145 m)

67 km | 1395 Hm

Weitenperspektive über Straße mit Bergflucht, Rennradler

Vielleicht am Vorbild der Unterengadiner Burgen hatte ich mir eine Art Burgplatz über Susch für die Nacht gesichert, nachdem ich erfahren musste, dass der noch in Karten eingetragene Camping bereits vor über 10 Jahren geschlossen wurde. Indes thront auch hier eine echte Burgruine über dem Inntal, das Fortezza Rohan. Man muss jedoch von der Gegenseite bei der Auffahrt zum Flüelapass genauer hinschauen, um sie zu entdecken. Zur Auffahrt gesellen sich bald Lärchenhaine, manche Blumen- und Wasserfallschönheit sowie archaisches Totholz. Weiter zur offenen Berglandschaft hin ballt sich der Verkehr um eine Baustelle, das Auto und manches Schickeriaauto wird hier zur Showbühne gefahren – es wartet ja das Luxusdorf Davos – muss sagen Stadt, obwohl es in der Schweiz keine historisch verankerten Stadtrechte gibt und es sich an der Einwohnerzahl misst, welchen Status sich ein Ort geben darf.

Spitzkehre mit Postbus, Motorrad und grünem Reisevelo
Die Ostauffahrt zum Flüelapass offenbarte ein recht hohes, meist touristisches Verkehrsaufkommen
Rundturm mit Kegeldach "Turmhotel Vistoria", Davos
Davos gibt sich nobel, Geld ist genug da

Die Westseite des Flüelapasses überziehen kahle Steinfelder wie eine raumgreifende Mondlandschaft. Flott bin ich in Davos, das sein modernes Gepräge als Kongress- und Sportstadt sichtbar ausbaut. Der See verströmt mildes Klimat, wirkt aber wie ein ziemlich charakterloser Kurteich. Den tatsächlichen Kurteich gibt es wenig weiter fort auch noch – da grüßen grüne Regenschirmskulpturen. Das andere Bild ist der Sport, sichtbar heute mit einem Stadtlauf unterstrichen, mit Zieleinlauf beim Eistadion. Kaum sah ich auch eine höhere Dichte an Veloläden in einem der Schweizer Ort auf dieser Reise. Zu Geschichte, Prominentendichte und dem Veranstaltungskalender des Weltdorfes ließen sich viele Bücher schreiben – nicht zuletzt tat es einst Thomas Mann so mit seinem „Zauberberg“, den es als solchen eigentlich gar nicht gibt – ein weiterer Schweiz-Mythos.

Holzskulpturen mit grünen Schirmen und Wasserfontänen, Kurteich Davos

Regen steht für Trauer. Die Installation Sade im Davoser Kurviertel stammt von dem Graubünder Bildhauer Andreas Hofer, der sich 2008 dem Thema „14 Arten den Regen zu beschreiben“ stellte – nach einer Vorlage einer Kompostion von Hanns Eisler. Die 14 Gestalten mit grünen Regenschirmen symbolisieren trauernde Individuen, die sich nur minimal unterscheiden. Dazu spielt die Sinfonie der Trauer in Form der Wasserspiele.

Vom alten Handelsweg zur Fahrradroute – lecker belohnt

Infotafel Mobilitätsweg

Die Gemeindefraktionen von Davos streuen sich indessen weit bis zur Grenze des Albulatals in Wiesen. Einen Spaß macht die Fahrt durch die Zügenschlucht. Der Handelsweg durch das Landwassertal ins Albulatal, zum Schloss Belfort und damit Anschluss an die Passroute zu Bodensee und Rhein, hat eine lange Geschichte mit unterschiedlichen Trassen. Der alte Säumerweg aus dem 13. Jahrhundert umging die Schlucht noch weiträumig über einen Bergpfad. Um 1600 nutzte man ferner einen Erztransportweg über die Berge zur anderen Seite. In den 1830er Jahren ersetzte man Teile des Säumerwegs durch einen Karrenweg, der schon teils flussnah durch die Schlucht verlief. Erst 1872-74 entstand die alte Zügenstraße, die nun bis zum Bärentritt dem Landwasser folgt und als Rad- und Wanderwege mit gut gewalzter Piste renoviert wurde. Noch vor dem Ersten Weltkrieg wurde die Bahnlinie zwischen Filisur und Davos fertiggestellt, die an wenigen Stellen über den Fahrweg aus Tunnels hervortritt. In der ersten Hälfte der 1970er Jahre entstand dann die neue Zügenstraße mit dem Landwassertunnel.

Bier auf Holzbalken, mit Geranie, Albulatal im Hintergrund

Nach dem Abstecher zum Aussichtspunkt zum eindrucksvollen Wiesener Viadukt (steile Bahnhofszufahrt, Sackgasse) wandelt die Straße zunächst noch oberhalb durch Wiesen und der Landwasser-Albulatalverbindung darunter. Dann fällt die Straße fast ganz ab, findet aber noch einen abkürzenden Abzweig oberhalb der Talsohle in Richtung Lenzerheide. Die Zeit fortgeschritten, erhalte ich soeben noch als letzter Speisegast honigmarinierte Spareribs im Restaurant Rezgia Viglia am Ortsausgang von Brienz. Der aromatische Hochgenuss geht mir noch Monate danach durch den Gaumen. Dem guten Essen noch nicht genug, darf ich gleich auf Edelrasen unter der Hausterrasse mein Zelt aufstellen. „Sowas muss man doch belohnen“, waren die anerkennenden Worte der Wirtin über den Radler. Danke sehr und es hat lecker geschmeckt!

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