ALP-2021-TdS-03
Vom Valle di Blenio in die Magadino-Ebene
(Fr, 11.6.) Roveredo – Monte Laura – Alpe di Cadinello – (1830 m) – Alpe di Gesero (1774 m) – via Valle d’Arbedo – Arbedo – Carasso – Sementina – Gudo – Cugnasco – Agarone – Montedato – Gordola
53 km | 1755 Hm
Berauschender Kehrentraum an der Alpe di Gesero
Die Passroute Alpe di Gesero liegt umwegig, sehr versteckt und eng gewendet in einer südlichen Ausbuchtung zum Mesolcina-Tal, welches die San-Bernardino-Route in die Magadino-Ebene bei Bellinzona leitet. Der Übergang hat keinerlei Transitbedeutung und ist bisher auch noch nicht durchgehend asphaltiert. Zwischen der eigentlichen Passhöhe mit Tunnel Alpe di Cadinello, die verwaist ist, und der bewirteten Alpe di Gesero liegt ein zwischenhügeliges Schotterstück, das zu meiner Befahrung mit Baumaschinen bearbeitet wurde. Mittlerweile wurde tatsächlich das größere Teilstück davon asphaltiert und der fahrbare Schotter soll sich nur noch auf wenige hundert Meter beschränken. Andererseits ist die wilde, extrem engkurvige Westrampe für motorisierten Publikumsverkehr nur gegen eine Maut eingeschränkt nutzbar, sodass ein Durchgangsverkehr auch in Zukunft nicht erwünscht sein dürfte.
Die einzige Ortschaft an der Strecke, Monte Laura, liegt als steil angelegtes Sommerferiendorf auf der Ostseite. Auf der Zufahrt nach Monte Laura passiert man einen Tunnel, der Radlern per Knopfdruck die beleuchtete Durchfahrt erlaubt und den Gegenverkehr per Ampel stoppt. Verläuft der untere Teil bis Monte Laura noch überwiegend durch knorrigen Kastanienwald, beherrschen den oberen Teil Tannen und Lärchen. Immer wieder erfreuen sowohl im unteren Bereich als auch noch bis zum Scheiteltunnel Cadinello weite Panoramablicke ins Mesolcina-Tal.
Tritt man aus dem Scheiteltunnel hervor, fühlt man sich in einer anderen Welt, geröllige Steinhänge übermannen die Bergwiesen, schroff und verwegen dicht in den Berg gedrängt und über dem Abgrund windet sich die Piste mit Zwischensteigung zur Alpe di Gesero. Hier quillt ein erfrischender Bach durch den lichten Bergwaldhain. Eine weitere Stichstraße führt noch höher zu einer neu hergerichteten Hütte aus einer alten Militäranlage entstanden, die ich aber nicht mehr befahre. Gleich nach der Alpe di Gesero fällt die Straße wie ein tiefes Loch nach unten und dreht sich in engen, teils gepflasterten Kehren durch marmoriert gemusterte, kräftig aufgeheizte Bruchfelsen, leuchtendes Ginstergelb und verschlungenen Laubdschungel – ein launiger Kurvenkorso mit besonderer Farbintensität.
Genussmoment auf den Terrassen des Weintessins
Brütend heiß erreiche ich Arbedo, obwohl im gegenüberliegenden Gorduno die Strände am Westufer des Ticino schon in den Abendschatten tauchen. Nach dem Erfrischungsbad halte ich mich am Rand der Magadino-Ebene, an dem sich die Weinberge mal flacher, mal steiler den Hang hinaufziehen. Auf der Gegenseite setzen sich die drei Burgen Bellinzonas ins Bild. Von Cugnasco startet eine Hangroute mit Panoramablick nach Agarone hinauf. Die Villenhäuser schauen hier über die Magadinoebene, nicht ohne sichtbare Zeichen wohlhabender Bewohner, auch wenn die bebauten Räume eng und nicht immer geschmackvoll gestaltet sind. Wo noch Platz zwischen Häusern ist, drängen sich die Weinreben in mediterranem Licht. Schon leicht abfallend, aber immer noch über der Magadinoebene liegt die Osteria Grotto Mondedato, durch deren Terrassenlaube die lauen Lüfte des sommerlichen Tessins wehen. Ich feiere den Abend mit zartem Rinderfilet und würzigen Westernkartoffeln auf Babyspinatblättern, davor gratis dargereichte Appetizer, begleitet von einem sommerlichen Roséwein.
In der Zeitfolge würde sich ALP-2021-TdS-05 Eine einfache Sackgasse mit Alpenkaribik: das Valle Verzasca anschließen, jedoch möchte ich hier vor den Südzipfeln der Tessiner und Luganer Alpen die weite Runde um das Gotthardmassiv mit dem Valle Leventina und der Tremola noch abschließen. Dazu machen wir hier einen Zeitsprung an das Ende des Monats Juni, als ich vom Monte Ceneri erneut in die Magadino-Ebene einfahre.