Valsassina-Radweg mit Bergkulisse und Velo plus Radler
Alpen,  Friaul-Julisch Venetien,  Lombardei,  Regionen,  Südtirol-Trentino,  Venetien

TiSA-RW
Wachsende Radinfrastruktur in den italienischen Südalpen und Tirol – Lichtblicke und Placebos

Im östlichen Gegental des Tonale-Passes, dem Val di Sole wartet gleichwohl ein wohlgelungener Radweg in Flussnähe, der bereits recht weit oben im Tal beginnt und bis zum großen Stausee im Val di Non reicht. Der Radweg führt allerdings wie so häufig an vielen Orten unterhalb vorbei, sodass man kulturelle Highlights wie auch Versorgungsmöglichkeiten leicht verpassen kann. Ist man mal unten auf dem Radweg, sind die Anstiege in die Orte zuweilen recht mühsam.

Verkehrsfreie Anfahrten zu den Basisorten von großen Alpenpässen finden wir noch weitere. So lässt sich die Sellastockrunde von Süden mittlerweile im Val di Fiemme und Val di Fassa weitgehend auf Radwegen ansteuern, die alpinen Passanstiege nur noch auf Straße beginnen dann in Moena.

Eine Reihe von lokalen Bahntrassenradwegen erfreuen sich mittlerweile großer Beliebtheit. So gibt es einige verkehrsfreie Radrouten auf der Asiago-Hochebene, darunter ein Bahntrassenradweg zwischen Campiello und Asiago, auch als La Strada del Vecchio Trenino bezeichnet. Leider fand auch dieser Weg nicht mein Wohlgefallen, obwohl ich zuvor einige andere Pisten dort gefahren bin. Es ist ein Ärgernis, wieviel loser Schotter auf solche Strecken aufgebracht wird, statt glattgewalzte Pisten bereitzustellen.

Einen vorbildlich präparierten, auch weitgehend asphaltierten Bahntrassenradweg finden wir zwischen Bergamo und San Giovanni Bianco mit der Ciclabile della Val Brembana, somit man die Anfahrt z.B. zum Passo San Marco von Bergamo aus ruhiger gestalten kann.

Gleich anbei in nordöstlicher Richtung wartet auch im Valle Seriana ein gut eingerichteter Bahntrassenradweg von Bergamo nach Clusone, der sich schön an den Fluss anschmiegt. Der Belag ist teils asphaltiert, teils mit reifenfreundlichem, plattgewalztem Schottergeläuf präpariert. Ich nutzte den Weg zwischen Colzate und Ponta Nossa, um den Passi di Ganda mit dem Passo di Zambla im flachen Talabschnitt zu verbinden.

Als Sahnestückchen möchte ich aus dem Hinterland des Comer Sees die Pista ciclabile della Valsassina hervorheben. Der asphaltierte Rad- und Wanderweg führt zwischen Sagre di Barzio und Taceno durch das idyllische Hochtal mit vorbildlichen Rastplätzen. Der Nachteil liegt in der Anfahrt, die man entweder über sehr verkehrsreiche Straßen oder umwegige Steilrouten absolvieren muss.

Weitere neue lobenswerte Radwege oder gezielt verkehrsberuhigte Straßen, die ich ebenfalls nur in Teilen genutzt habe, befinden sich z.B. in einigen Süd-Nord-Stichtälern der Vizentiner Alpen, die von der Po-Ebene in vergleichsweise moderat ansteigen. Die Ciclabile della Val d’Illasi bewegt sich vielfach über eine separate Radspur, während im Val Squaranto die Strada della Pissarotta eine verkehrsarme, enge Schluchtstraße mit stärkerem Anstieg als Radroute ausgewiesen ist. Ein ausdrücklich für Radler ausgewiesener Rastplatz ohne Wasserquelle am Ende der Strecke verstehe ich aber eher als Provokation. Auch ein Indiz für ein billiges Placebo, indem man Radrouten predigt, aber die Bedürfnisse des Radlers ignoriert.

Historisch durchaus interessant, radlerisch aber unbefriedigend wegen auch zu rauer Piste und guter Alternativen auf den Straßen anbei beschreibt die recht kurze Bahntrassenroute zwischen Arsiero und Piovene Rochette im mittleren Astico-Tal. Dort wird überlegt, die Bahnstrecke sogar als solche wiederzubeleben.

Ein reines Placebo-Beispiel beschreibt die Höhenroute zwischen Trivigno und dem Mortirolo-Pass – eine nur wenig befahrene Straße, die nunmehr gleichzeitig als Ciclovia Trivigno – Mortirolo ausgeschildert ist. Offenbar lassen sich so größere Radwegnetze fürs Prestige pushen und besser Gelder für die Instandhaltung der Straßen abrufen. Die Neigung altbekannte, aber verkehrsarme Straßen zu Radrouten zu erklären, ohne dass damit spezifische Veränderungen verbunden sind, lässt sich allerdings länderübergreifend in vielen Teilen Europas seit Jahren beobachten.

Ähnliches lässt sich für das nummerierte FVG-Radroutennetz im Friaul sagen. So besteht mit der Ciclovia Pedemontana (FVG 3) eine reizvolle Alternative zum CAAR am Alpenrand entlang, die sich um die ausgreifende Ebene des unteren Tagliamento-Tals ergibt und bis an die untere Soca bei Nuova Gorica führt. Sie beruht jedoch nur in kleinen Abschnitten auf exklusiven Radwegspuren, sondern mehrheitlich auf alten, wenig befahrenen Lokalstraßen. Ein Teil der Strecke ist der dort auch einst verunfallten Radsportlegende Ottavio Bottecchia gewidmet.

Das Fersental (Valle dei Mocheni), einem nördlichen Seitental der Valsugana, mit altbairischem Dialekt eine der weiteren Sprachinseln in den Südalpen, ist schon durch zwei Hangstraßen über der Talsohle gut erschlossen und als Rundkurs fahrbar. Dem ist aber noch eins draufgesetzt, da ein weitgehend asphaltierter Radweg von Canezza nach Lagorai unten am Fluss als dritte Variante verläuft. Man sollte dabei einplanen, zum Schluss einen steileren Anstieg zu haben als bei den Straßenvarianten. Will man zu den anliegenden Orten an der Straße, sind die Rampen zuweilen extrem steil und ggf. unfahrbar (über 20 %). Am unteren Beginn der Radroute lädt ein frei zugängliches Freilichtmuseum mit historischen Leitsteinen aus den Alpen und anderen Teilen Europas und der Welt ein, die jeweils einer lebenden oder verstorbenen Radsportgröße gewidmet sind.

Einige Negativentwicklungen stehen dem gegenüber. So ist beispielsweise die vor Jahrzehnten geplante Radwegroute um den Comer See immer noch Lichtjahre von der Realität entfernt. Einige Ortspromenaden tauchen da im Web als Comer-See-Route auf, was schon einer gezielten Irreführung gleichkommt. Den Radwegausbau am Gardasee kann ich nicht wirklich bewerten, zu kurz waren dort meine Streckenteile. Von dem geplanten Ausbau konnte ich allerdings diesbezüglich nichts bemerken, wenngleich ein Portal in Riva del Garda bereits mit der Gesamtlänge des Gardasee-Radwegs frohlockt. Unklar ist mir, ob die groben Schotterpisten im Hinterland wie etwa die Ponalestraße als Teil dieses Gardasee-Radwegs irreführend eingerechnet werden oder ob tatsächlich noch eine komplette Seeroute für Radler in mittlerer Zukunft zu erwarten ist.

Die gegenüber den 2000er Jahren mittlerweile wieder instand gesetzte Ponalestraße als Radroute zwischen Riva del Garda und dem Lago di Ledro erwies sich recht tückisch. Während die erste Rumpelpassage zwischen Seeufer und Asphaltpassage noch recht gut machbar war, kam ich im oberen fortgesetzten Teil zwischen Biacesa di Ledro und Prédi Ledroin in arge Nöte. Nicht nur ist der Untergrund für Straßenräder zu schwierig, sondern auch aufgrund des dichten Radverkehrs in Gegenrichtung gefährlich, weil zu schmal und mit kurzen Steigungsspitzen mit um die 20 %. Ausgerechnet in diesem schlechtesten Teil findet sich das beste Radlerbistro direkt am Weg bei einem Wasserfall.

Die ganze Tragödie des Auto-Overkills zeigt sich auf der Straße oberhalb des Autotunnels. Die Straße ist nunmehr auch außerhalb des Tunnels in Richtung Ledrosee offiziell für Radler gesperrt, weil der Verkehr dort mittlerweile dramatische Ausmaße angenommen hat und Autofahrer nicht gestört werden wollen, auch wenn sie im Stau stehen. Für Rennradler gibt es demzufolge keine geeignete legale Verbindung zwischen dem nördlichen Gardasee und dem Ledrosee. Ein dort vor 20 Jahren zugezogener Deutscher versicherte mir, dass diese Blechlawinen den Bewohnern alles erdenklich Schlechte bringen, nur nicht mehr Wohlstand. Ferner soll der Ausbau der Ponale-Schotterpiste als Radroute trotz der mageren Qualität um die 800.000 Euro gekostet haben.

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