Collage von Symbolbildern der Reise, Baisbild mit Regenbogen, Neandertaler, 9 ovale Bildausschnitte, Titel "Zollernalb - Eyachtal - Heuberg - Oberes Donautal - Laucherttal - Reutlinger Alb"
Schwäbische Alb,  Touren

ALB-2020-06
Besuch beim Neandertaler unterm Regenbogen

An die Donau – über der Donau – und führe dich nicht in Versuchung

Schloss Mühlheim mit Doppeltürmen aus Froschperspektive
Die zweitürmige Schlossanlage in Mühlheim/Donau basiert auf einem Bau aus um 1200, erhielt aber seine heutige Form erst Mitte des 18. Jahrhunderts

Im sumpfigen Tal tritt nun typische Vegetation der Donauauen hervor, die sich bei Mülheim zunächst mit einer größeren Besiedlung ankündigen. Über der Donau thront ein pittoreskes Schloss übergestellt, das sich allerdings im Privatbesitz der Adelsfamilie Freiherren von Enzberg befindet, die bereits 1409 die Herrschaft im Mühlheimer Donauraum antraten. Der Anstieg in den historisch ansehlichen Ort lohnt aber auch ohne Schlossbesuch. Vor den schmucken Gasthäusern des Ortes checken einige Radler ein, die Nachfrage scheint. Eine Empfehlung zur Rast ist Mühlheim immer, so reizvoll über der Donau gelegen gibt es keine Konkurrenz im Oberen Donautal – zumindest nicht als geschlossener Ort. Wer über Nacht bleibt, kann zu bestimmten Terminen an beliebten Nachtwächterführungen teilnehmen.

Meine Nacht ist noch fern. Zunächst lasse ich die Donausphäre am Radweg auf mich wirken, dem ich bis Fridingen folge. Der Anstieg bei Fridingen lohnt in besonderer Weise, denn er führt hinauf auf eine der beeindruckendsten Aussichtspunkte ins Obere Donautal am legendenhaften Knopfmacherfelsen. Der Sage nach führte bei Einbruch der Nacht hier das Hardtfräulein den Knopfmacher Fidelis am 4. April 1823 auf den Felsen, von dem der Mann mit seinem Pferd hinunterstürzte. Ohne Fräulein und mit Drahtesel zeigte sich mir der Felsen gnädiger – ich überlebte die Aussicht ohne Absturz.

Über die Höhe führt zunächst eine Allee, bevor sich eine Schleife zur Donau windet, nunmehr die Perspektive auf das Kloster Beuron und Schloss Wildenstein direkter als vom Knopfmacherfelsen. Beuron ist eigentlich kein Ort, sondern eine Ansammlung weniger touristischer Einrichtungen um die historische Klosteranlage. Die Gründung des Klosters geht bis ins 11. Jahrhundert zurück. Über lange Zeit war es als Augustiner-Chorherrenstift Beuron organisiert. 1862 begann das Kloster eine neue Zeit als Erzabtei St. Martin zu Beuron durch den Einfluss des Hauses Hohenzollern, das Anfang des 18. Jahrhunderts die Grafschaft der Region übernahm.

Donau-Mäander mit Kloster Beuron im Hintergrund, von Knopfmacherfelsen betrachtet
Gefährlicher Ort der Verführung für den Manne, der dem Weibe folgt: Die Donau mit Kloster Beuron vom Knopfmacherfelsen aus gesehen
Getäfelte Giebelbrücke mit grünem Reisevelo
Giebelbrücke über die Donau in Beuron

Die Tore des Klosters sind aber schon geschlossen, sofern in diesen Zeiten überhaupt geöffnet. Obwohl der Camping mit Fasshütten gut besucht ist, schließt das einzige vorhandene Restaurant gerade seine Tore. Beim Café und Radwerkstatt Drahtesel treffe ich ein heimisches Paar, die gerade ihr repariertes Rad abholen. Sie empfehlen mir den begehrten Gasthof Adler in Leibertingen, der auch länger die Küche offenhalten soll. Das ist aber nochmal ein guten Donaufelsen hinauf.

Camping mit Wohnfässern
Camper finden in Beuron Wohnfässer für die Rast vor

Felsen sieht man auf der Auffahrt aber nicht, da sich die Straße schattig durch den Wald über ein Nebental der Hochfläche nähert. Fast verloren und spröde in den Äckern liegt Leibertingen zur Hochebene. Im Adler gibts noch Gerichte von der Kleinen Karte. Das reicht für schwäbische Maultaschen mit Zwiebelschmelze. Bisher hatte ich ja auf Albtouren eher Schwierigkeiten, mal heimische Schwabenküche zu genießen. Der Salat ist auch hier typisch schwäbisch essiglastig, schon besser versteht sich der Koch auf die Maultaschen.

Haus, Café/Biergarten "Drahtesel"
Kaffeezeit mit Fahrradwerkstatt: Café Drahtesel in Beuron

Sa 13.6. Burg Wildenstein – Leibertingen – Lengenfeld – Steintor – Hausen im Tal/Donau – Schwenningen (Schw. Alb, ~860 m) – Stetten am Kalten Markt – Thiergarten – via Donauradweg – Gutenstein – via Donauradweg – Dietfurt – Vilsingen (~740 m) – Inzigkofen (Kloster, Teufelsbrücke) – Nickhof/Bhf. Inzigkofen – Exkursion Eremitage (per pedes) – Laiz – via Winterlinger Straße – Kreuzung B 463 – via Radroute – An der Fürstenhöhe (784 m) – Jungnau/Laucherttal – Veringendorf (Wasserfall Gieß) – Veringenstadt – Sportheim Veringenstadt (~705 m)

78 km | 1130 Hm

Donauschleife mit Wiesenaue von oben

Radeln durch Felsentore

Vom Ort Leibertingen führt eine Stichstraße zur Burg Wildenstein mit einer eindrucksvollen Sicht über eine Donauschleife. Die Jugendherberge hat wegen Corona geschlossen, aber außen ist ein Jugendzeltlager zu sehen. Bereits die Hütten und Parkplätze umher waren gut von Wildcampern besucht.

Die laue Sommernacht war insofern auch nicht ganz still. Ich wollte noch zum Bischofsfelsen fahren, die Piste dahin entwickelt sich aber so ruppig, dass ich den Exkurs aufgebe. Dafür entschädigen aber die Eindrücke auf der Straße von Kreenheinstetten zur Donau hinunter durchs Steintor. Die Felsen wachsen steiler und imposanter mit zunehmender Falllinie über zwei Haarnadelkurven. Eher überraschend schnell gleitet die Straße dann in die Donauaue aus.

Auch der Campingplatz Wagenburg ist gut besucht, nicht zuletzt von vielen Donauwegradlern. Dennoch ist dem Ort nicht mal eine Bäckerei abzugewinnen. Die erste Versorgungsmöglichkeit erhalte ich erst wieder oben zur Albhöhe in Schwenningen (nein, nicht Schwarzwald!) in einem Dorfladen, der allerdings für einen kleine Wurstsalat und ein Stück Käse fast einen ausgereiften Preis für einen guten Mittagstisch aufruft. Die Schwäbler haben sich auch immer aufs Geschäftemachen verstanden. Die Auffahrt besticht durch Burgen und das Panorama auf die Felskathedralen an der Donau, selbst wiederum durch ein Felsentor schlüpfend.

Felstor mit grünem Reisevelo
Felstor Hausertal

Geschwungen wellig wiegen Straße und asphaltierte Fahrwege über die entrückten Albhöhen mit kleinen Zwischentrockentälern. Stetten am Kalten Markt liegt offen zur Hochebene, die man sich gut „kalt“ und rau vorstellen kann. Immerhin ist hier eine Grundversorgung dank einiger Geschäfte möglich, aber Corona schneidet auch hier ein wenig das Leben mehr ab als wohl sonst.

Gut geschmiert in Bioqualität

In launigen Kurven treibt die Straße wieder hinunter zur Donau. Auch Thiergarten ist nur ein Weiler mit ein paar Gastbetrieben. Ein Startup präsentiert hier seine Geschäftsidee mit Bezug zu traditionellen Albprodukten. Sie nennen sich Die Ölfreunde und sprechen vom „Öliversum“. Grundlage sind schonend verarbeitete Öle aus kontrolliertem Anbau in Baden-Württemberg aus Hanf, Raps, Schwarzkümmel und Leindotter. Der Ölmüller Paul mit Erkennungszeichen Stetson-Hut experimentierte schon im zarten Alter von 12 Jahren mit einer Ölmühle statt mit einer Playstation unter dem Weihnachtsbaum. Mit Partner startete er 2019 mit Produktion und Shop an der idyllischen Donau. Das Sortiment reicht weiter zu Mehl, Gewürzpasten, Schnäpsen, Marmeladen u.a.m.

Donaukurve mit Felskulisse an Straße

Velostaugefahr in der Donaustille

Schloss Gutenstein auf Fels über Donau
Gute Aussicht vom Felsenthron: Schloss Gutenstein

Nach den einsamen Routen auf der Alb sorgt der Donauradweg nun wieder für gehobene Frequenz von Fuß- und Pedalvolk. Die Perspektive von Radweg und Straße sind zuweilen recht verschieden. So verläuft die gegenüberliegende Straße teils durch die Felsen, während der Radweg mehr Schilf und Auen durchschneidet. Mit Schloss Gutenstein – auch hier wie die meisten Schlösser im oberen Donautal in Privatbesitz – wacht fast versteckt auf einem Felssporn direkt über der Donau. Der 1735 erstellte klassizistische Bau, fast nicht mehr als ein größeres Dreigiebelhaus, basiert auf einer Burg aus dem 16. Jahrhundert.

Noch ein Stück lieblicher bildet die Donau bald eine Staukurve vor einer Engstelle, die einen kleine Badesee bildet, der aber besser von der Gegenseite über ein Wassersportgelände zugängig ist. Dort klettert der Radweg über eine kurze Rampe, die Anlass einer Reihe amüsanter Radlerszenen ist. Da spielen sich Familientragödien ab, Pedalzwerge beweisen erstmals die Kletterqualitäten für ein Radsportkarriere und wieder andere führen mit Stolz die Errungenschaft des E-Bikes vor. Man tut gut daran, hier defensiv zu fahren, um nicht mit unberechenbaren Radakrobaten in Konflikt zu geraten.

Ruine Dietfurt
Unscheinbar trotz langer Geschichte: Burgruine Dietfurt

Bei der Burgruine Dietfurt aus dem 13. Jahrhundert mit einer wechselvollen Besitzergeschichte wende ich mich wieder ins Hinterland, diesmal wieder nach Süden. Das Belzbachtal schwelgt durch anschmiegsam geformte Hügel ohne spektakuläre Attraktionen. Mit Vilsingen erreiche ich die Route der vorangegangen Tour ALB-2020-05 Eine Reise nach Upflamör. Entsprechend identisch ist mein Rückweg zur Donau in den Über-Donau-Ort Inzigkofen. Das ehemalige Kloster aus dem 14. Jahrhundert bildete lange als Augustiner-Chorfrauenstift den weiblichen Gegenpart zum Chorherrenstift Beuron. Heute erfüllt die Anlage aber weltliche Funktionen als Volkshochschulheim, während der Klostergarten zum Verweilen einlädt. Indessen unterliegt die Anlage einer recht kostspieligen Langzeitsanierung.

Kornblume


Naturschautheater mit Dame

Farbige (rot/schwarz/schleierfarben) Darstellung von Amalie Zephyrine von Salm-Kyrburg
Amalie Zephyrine von Salm-Kyrburg (Gemälde von Auguste François Laby)

Die beeindruckendste Sehenswürdigkeit von Inzigkofen versteckt sich aber mehr zwischen Kloster und Donau, ein topografisch schwer zugängliches Gelände, wo sich die Donau an einer Felswand vorbeischleicht. Weder Radweg noch Straße beschreiten diese Donauschleife mit dem Fürstlichen Park – ein von Menschenhand aufgewerteter Landschaftspark und einst gestiftet von der beliebten Amalie Zephyrine von Salm-Kyrburg. Eigentlich wollte sie gar nicht an die provinzielle Donau kommen, fand dann aber doch Gefallen an der Landschaft. Sie gilt als Retterin Hohenzollerns, in das sie einheiratete und strategische Allianzen mit der französischen Monarchie und dem napoleonischen Machtzentrum pflegte.

Obwohl sie zunächst von der einengenden Provinzialität an der Donau abgeschreckt war, fand sie später doch Gefallen und lebte schließlich in Sigmaringen mit Sommerresidenz in Inzigkofen. Ihre großzügige Verbindung mit der Region spiegelt sich in dem Landschaftspark wider, den man sowohl oben vom Kloster aus als auch unten von der Straße aus erwandern kann. Auf der Inzigkofer Seite befindet sich die eindrückliche Teufelsbrücke in den engen Steilwänden.

Zur anderen Donauseite zieht sich der Park um die Eremitage, einem Umlaufberg, dessen Höhe von der Meinradskapelle gekrönt wird, die früher mal ein Teehaus war. Ehemals lag der Park offener und pflegte auch das Promenieren auf der Donau mit galanten Booten. Heute ist die Sicht durch den Wald eingeschränkt, jedoch kann man nach Laiz schauen oder die genüberliegen Parkseite mit Teufelsbrücke und dem Amalienfelsen bewundern. Am Amalienfelsen stiftete der Sohn Carl eine Inschrift mit Wappen zu Ehren seiner Mutter.

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