Gletscher- und Bergwelt Arolla, mit Spitzkehre und Velo
Alpen,  Schweiz,  Touren,  Wallis

ALP-2021-TdS-13
Das Mittelwallis mit Zinal, Moiry, Arolla und Grande Dixence

Höhenweltrekordler mit der Masse einer Cheops-Pyramide

Ich selber erreiche den Gabelpunkt zum Val d’Hérémence, das Hauptnebental des Val d’Hérens, in Eusegnie bei erschlagender Mittagshitze. Ich kann da froh sein, nicht ganz ins Rhonetal abtauchen zu müssen. In Eusegnie fahre ich noch unter den Ort, um mir die Erdpyramiden von nah anzuschauen, die ich Vortags schon im Teleobjektiv eingefangen hatte.

Auf der nunmehr launigen Abfahrt überholt mich ein Rennradler, den ich etwas verdutzt schauend wenig weiter unten am Straßenrand stehend wiedertreffe. Es stellt sich heraus, dass der noch etwas unerfahrene Pedaleur in einer Kurve seine Schuhsohle abrasiert hatte. Mithilfe meines Klebebands können wir den Schuh wieder funktionsfähig reparieren. Zumindest für die Abfahrt ins Rhonetal dürfte es gereicht haben.

Etwas außerhalb vom Gegenhangort Mâche verbindet sich die Tal- und Hangroute zu einer eher einsamen wie unspektakulären Route durch das Val d’Hérémence, welches auch fortan unter dem Val de Dix bekannt ist. Zwar ermöglicht der Weiler Pralong einen Zwischenstopp sogar mit Hotel und Camping, doch fehlt es sonst an Siedlern oder touristischen Einrichtungen. Die Landschaft wirkt zunächst etwas eintönig zwischen waldreichen Bergflanken. Dass doch Touristen in das Tal einfahren, ist vor allem der Grande Dixence geschuldet, der höchsten Gewichtsstaumauer der Welt und mit 285 m Höhe sogar das höchste Bauwerk der Schweiz. Mit der Masse der großen Cheops-Pyramide und 400 Mio. Kubikmeter Stauvolumen können gegen 400.000 Haushalte für ein Jahr mit Energie versorgt werden. Die Staumauer erreicht am Fuß eine Dicke von zwei aneinandergereihten Fußballfeldern und wird von 32 km Tunnelgängen durchzogen.

Die oberen Serpentinen zum Fuß der Staumauer verdienen ein paar naturschöne Seitenblicke, da sich vermehrt Alpenblumen zwischen Steinblöcke und Lärchenbewuchs drängen. Ich treffe dabei auf Diego und Joël aus Zürich, zwei Rennradler, die auch die komplette Piste bis zur Staudammkrone fahren wollen. Als ich den recht unschönen Hotelkomplex Grande Dixence mit Museum und Seilbahnstation erreiche, sind die beiden bereits wieder zurück und berichten über die durchaus auch für Rennradler fahrbare Piste. Allerdings ist die Auffahrt mit Velo offiziell verboten, wenngleich ich das entsprechende Schild offensichtlich übersehen habe. In den Abendstunden ist aber eher nicht mit einer Kontrolle zu rechnen, da nur noch letzte Wanderer den Weg herunterlaufen. Die alternative Möglichkeit zur Staudammkrone besteht in einer Fahrt mit der Seilbahn. Worauf das Veloverbot begründet wird, bleibt indes unklar – Naturschutz kann es jedenfalls nicht sein. Vermutlich fürchtet man, dass größere Mengen von Fußvolk zu besseren Tageszeiten mit denen rasanten Mountainbikern kollidieren könnten. Das gewaltige Bauwerk als solches ist gewiss imposant, erfüllt aber nicht unbedingt eine naturästhetische Symbiose mit der Umgebung. Auch sind die Ausblicke über den Lac de Dix nicht so erhaben, da sich ein Teil der Berg- und Gletscherkulisse hinter der stark Seebiegung verbirgt, die man dann über eine zusätzliche Wanderung erschließen müsste.

Obwohl ich doch schon recht spät die Dammkrone erreiche, hätte ich es wie die Züricher Rennradler noch bis ins Rhonetal hinunter schaffen können. Da ich aber oberhalb verbleiben möchte, muss ich in Hérémence die einzige ins Auge springende Gaststätte mit einem etwas abgehalterten Interieur zur Stärkung nutzen. In der Dunkelheit finde ich in dem etwas verwirrenden Straßennetz um den Mount-Rouge und das Skigebiet Thyon nicht unbedingt günstige Stellflächen für ein Zelt. So lagere ich unorthodox in einem Mooswald mit Blocksteinen.

(So, 18.7.) Route des Mayens – Les Mayens-de-Sion – via Route de Bisse (Waldweg am Bach, meist gut fahrbar, eng bei viel Fußgängerverkehr) – Veysonnaz (1357 m) – Beuson – Basse-Nendaz – Haute-Nendaz [– via Route des Crêteaux (1516 m) – Les Crêteaux (Iserables) – Le Drotcher – L’Enteillire – La Tzoumaz – Col de la Croix de Coeur (2174 m) – Verbier – via Route du Soleil]

54 km | 1740 Hm

Häusermeer mit Aussicht

Über die fortreichenden Sonnentage muss ich schon etwas verblüfft sein, nehme sie aber trotz aller Schweißtropfen dankend gerne an. Auf der Mayens-Route ist es allerdings meist schattig und frisch. Am Ortsende von Mayens folge ich einem alten Bewässerungskanal, wie sie typisch im Wallis verbaut wurden, der Bisse de Vex. Der erste Teil ist ein gut fahrbarer Wanderweg. Aufgrund unklarer Straßenbeschilderung (unbedrucktes, weißes Ortstafelschild, wiederholt im Wallis vorgefunden) setze ich die Fahrt weiter auf dem Wanderweg fort, aber nunmehr enger Trail. Fahrbar ist die Strecke zwar auch, aber es entstehen schnell Kollisionssituationen mit Fußgängern. Ob das Velo verboten ist, ist ebenfalls widersprüchlich ausgewiesen. Zu früher Stunde braucht man sich aber keine Gedanken darüber machen.

Über die Bisse de Vex habe ich wohl einige Höhenmeter gegenüber der Straßenverbindung nach Veysonnaz eingespart. Dort herrscht großer Trubel an der Seilbahntalstation. Überhaupt verändert sich hier das Gesicht der Berghänge, die raumgreifend und ziemlich dicht besiedelt sind, noch mehr als bei Crans Montana. Veysonnaz ist gegenüber Nendaz da noch klein gehalten. Nendaz mit unteren und oberen Ortsteilen grüßt von der Gegenseite als flächengroße Bergstadt, durch die Chaletbauweise aber eher ein pointilistischer Siedlungsteppich. Eine Höhenroute gibt es von Veysonnaz nicht, sodass ich zunächst weit in die Talnische von Beuson abfalle, wo sich die Straße dann ziemlich verkehrsreich über Basse-Nendaz nach Haute-Nendaz raufschraubt. Der offene Hang sorgt für einige Hitzewallungen, die Steigung sollte man nicht unterschätzen. Als Belohnung winken sodann immer wieder sich ändernde Ausblicke auf das weite Rhonetal, die Stadt Sion und die aufgereihten Gipfelketten der Berner Alpen einerseits und der Savoyer Alpen andererseits.

In Haute-Nendaz explodiert das volle Sommerleben mit Hüpfburgen, BMX-Parcours, Schwimmbad, Paraglidern, Shopping-Läden und Bergbahnbetrieb. Am eher oberen Ortsrand verlaufen weitere Hangrouten mit Chalets, von denen viele Zweitwohnsitze sein dürften. Die Ausschilderung nach Iserablés oder La Tzoumaz ist nicht ganz transparent, Durchgangsverkehr soll wohl über die Bergnebenstrecken vermieden werden. Zur Abschreckung scheint auch das Schild 30 % Steigung aufgestellt zu sein, gleich auf zwei Strecken. Zumindest auf meiner Route wird das Versprechen nicht eingelöst, es sind weniger als die Hälfte der Schilderangabe. Von wegen, Schweizer messen immer genau.

Seiten: 1 2 3 4

Cookie-Hinweis</br>Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Die Website verwendet Cookies von Drittanbietern, die dem Komfort der Seite dienen. Welche Cookies verwendet werden, erfährst du unter <a href=https://pedalgeist.de/privacy-policy/ target="_blank" rel="noopener noreferrer">Datenschutz</a> oder hier: Weitere Informationen


Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen.


Diese Seite verwendet folgende Cookies von eingebundenen Drittanbietern
(Cookie-Name | Provider | Typ | Ablauf nach):

- CONSENT | youtube.com | HTTP | 6656 days
- GPS | youtube.com | HTTP | 1 day
- PREF | youtube.com | HTTP | 8 month
- VISITOR_INFO1_LIVE | youtube.com | HTTP | 179 days
- YSC | youtube.com | HTTP | Session
- IDE | doubleclick.net | HTTP | 1 year
- test_cookie | doubleclick.net | HTTP | 1 day



Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen