Dinsosaurierskulptur am Lac d'Emosson mit Mont Blanc im Hintergrund
Alpen,  Schweiz,  Touren,  Wallis

ALP-2021-TdS-14
Das Unterwallis im Schatten des Mont-Blanc

Das Mittelwallis und Unterwallis trennen sich nur unscheinbar. Wirtschaftlich unterscheidet man ohnehin wie auch sprachlich nur zwischen Ober- und Unterwallis, oder eben in deutsch- und französischsprachiges Wallis mit der Sprachgrenze am Pfynwald zwischen Leuk und Sierre. Die hier aber so opulenten Schätze des Wallis verlangen die historisch verankerte Dreiteilung. Das Unterwallis im großen Rhoneknick und linksrhonisch bis zum Genfer See reichend, ist die einzige Region des Wallis, die eine nennenswerte Zahl von durchgehenden Straßenpässen innerhalb des Kantons aufweisen kann. Auch gibt es hier einzig mehrere durchfahrbare Grenzpässe ins Nachbarland, ganz im Gegensatz zum Mittelwallis, das weder über kantons- noch über länderübergreifende Straßenpässe verfügt. Trotzdem fehlt es auch nicht an sterneverdächtigen Sackgassen.

Über Jetsettrubel ins beschauliche Val de Bagnes

(So, 18.7.) [Route des Mayens – Les Mayens-de-Sion – via Route de Bisse (Waldweg am Bach, meist gut fahrbar, eng bei viel Fußgängerverkehr) – Veysonnaz (1357 m) – Beuson – Basse-Nendaz –] Haute-Nendaz – via Route des Crêteaux (1516 m) – Les Crêteaux (Iserables) – Le Drotcher – L’Enteillire – La Tzoumaz – Col de la Croix de Coeur (2174 m) – Verbier – via Route du Soleil

54 km | 1740 Hm

Ein noch junger 2000er mit Alpenrosen und Murmeltieren

Auf dem Hochpunkt der Route des Crêteaux finde ich die erste Veloausschilderung für den Col de la Croix de Coeur, obwohl es zunächst durch zwei Talmulden geht, bevor der durchgehende Anstieg beginnt. Zunächst fällt die Straße durch einen offenen Almwiesenhang ab. Bei der Spitzkehre der Asphaltstraße nach Isérables führt die abkürzende Route kurz gerade weiter in eine Bergbachnische, zunächst auf sehr gutem Pistenbelag. Auch Rennradler passieren mich auf diesem Streckenabschnitt. Eine heftige Steigungsspitze der Strecke ist dann wiederum asphaltiert, wechselt aber später erneut auf Pistenuntergrund. Noch einmal verliert die Route an Höhe in einer Bergbachecke und steigt nunmehr endgültig nach La Tzoumaz an, mit Siedlungsbeginn auch wieder asphaltiert. Der Chaletort mit üppigen Angeboten für den Skitourismus verfügt zwar über eine grundlegende Infrastruktur, ist aber nicht mit dem Trubelort Verbier auf der Gegenseite des Croix-de-Coeur-Passes zu vergleichen.

Eine aussichtsreichere Anfahrt nach La Tzoumaz erhält man von Riddes im Rhonetal aus. Auf diese Anfahrt könnte man auch unterhalb des Ortszentrums stoßen, wenn man von der Route des Crêteaux die durchgehend asphaltierte, aber weitere Route über Isérables wählen würde. Nach Isérables reichen ferner noch eine rein asphaltierte Anfahrt von Basse-Nendaz wie eine weitere Asphalt-/Pistenvariante von Haute-Nendaz. Ab La Tzoumaz führt aber nur noch eine Straße zur Passhöhe, die erst seit 2020 komplett asphaltiert ist. Damit gehört er neben dem Col de la Loze zu den jüngsten durchgehend asphaltiert befahrbaren 2000er-Pässen der Alpen. Noch werden gerade Streckenteile verbessert, sodass ich Ortsausgangs doch noch kurz auf Pistenbelag gelange. In einer nächsten Spitzkehre befindet sich ein großer Picknickplatz mit Schutzhütte, wo ich eigentlich eine Übernachtung geplant hatte, jetzt aber noch zu früh am Tage dort bin. Ohnehin ist der Platz von einer großen Partygruppe belegt.

Die Strecke windet sich bei mittelschwerem Profil zunächst aussichtsarm durch wenig aufregenden Bergwald. Erst mit den sich öffnenden Bergwiesen gewinnt die Landschaft an archaischer Romantik mit schräg gewachsenen Lärchen, artenreichen Blumenwiesen, zartroten Alpenrosenbüscheln und flinken Murmeltieren. Die Passhöhe selbst fällt eher etwas enttäuschend aus, wenngleich sich ein weites Panorama auf Verbier und die Gipfelketten bis hin zum Mont-Blanc ergibt. Der Eindruck mag je nach Fernsicht unterschiedlich ausfallen. Anders als zur Nordseite wandern die Serpentinen nach Verbier herunter durch einen komplett offenen Weidehang, auf der gerade eine eigenwillig dunkle Rinderrasse äst.

Schickeriameile mit Bibliotheksanschluss

Verbier bei Dämmerung
Verbier
Restaurantszene in Verbier am Abend

Auf einer Zwischenhöhe im Hang kann sich Verbier als begehrter Skiort weit ausbreiten. Im steilen Ortsgefälle hat sich ein leicht verstreuter Ortskern herausgebildet, in dem die Pubs, Bistros und Shops einen Schickeriastil pflegen, der nicht nur Naturfreunde der Alpen anlocken – eher zu sagen, diese abschrecken dürfte. Der Vorteil einer solchen Funmeile sind jedoch vielfältige Lokale, die durchaus kreative Gerichte anbieten und nicht mal immer so teuer sind. Die Konkurrenz macht es eben wett. Mein Lammspieß mit Salat, Gemüse, Couscous und Datteln im „Le Fer a Cheval“ mit geschmackvollem Holzinterieur kleiner Terrasse mundet jedenfalls köstlich und ist noch recht erschwinglich. Der als mit Ortskenntnissen empfohlene Kellner des Lokals opfert sich euphorisch, mir die Ausfahrt aus dem Ort zur Route du Soleil zu beschreiben. Trotz seines Engagements erweist sich diese Schilderung als phantasiehafte Verzeichnung. In der Dunkelheit fehlt mir zudem die Orientierung. Letztlich findet der Pedalgeist aber den rechten Weg.

(Mo, 19.7.) Verbier/Route du Soleil – via Val de Bagnes – Sarreyer – Lourtier – Plamproz – Fionnay – Bonatchiesse – Lac de Mauvoisin (1976 m) – Fionnay – Plamproz – Lourtier – Champsec – Le Châble/VS – Sembrancher

52 km | 1090 Hm

Ohne es zu wissen, hatte ich mein Zelt unmittelbar bei einer Bergbibliothek aufgestellt. Unter einer Spitzgiebelkonstruktion kann der Wanderer zu einem Buch greifen, etwas anmaßend als Bibliothèque de Bagnes bezeichnet. Folgende Route du Soleil verläuft danach als Hangroute oberhalb der Talsohle des Val de Bagnes, zu guten Teilen als aussichtsreiche Piste, die in sehr gutem Zustand ist – gerne von Radlern befahren, auch von einigen Autos als Verbindung zu den Hangdörfern.

Steinige Geheimnisse im Val de Bagnes

In Lourtier bin ich wieder in der Talsohle zurück, jedoch um gleich wieder den nächsten Anstieg anzugehen. Die Hauptroute des Tals auf der südlichen Talseite mit einem längeren Tunnel ist wiederum gesperrt, jedoch besteht eine schmalere Straße mit nur kleinen Tunnels zur Gegenseite als Alternative über den Weiler Plamproz. Ohnehin dürfte diese Strecke attraktiver sein als die Hauptroute. Die Energiepotenz des anliegenden Staudammsystems spiegelt sich in einer mächtigen Umspannanlage hoch am Berg wider.

Mit dem Klusendurchbruch öffnet sich beim ersten Stausee in Fionnay eine längliche Zwischenhochebene. Eigenartig stehen Steine in einem Entdeckungsparcours, verteilen sich noch weiter im Campingplatzgelände. Im oberen Val de Bagnes wird Speckstein gewonnen, dessen Abbau auf einer geführten Exkursion studiert werden kann. Entlang weiterer Wasserfallparaden entwickelt sich eine berauschende Bergarena mit Lärchenwuchs und Gelbem Enzian. Die mit 250 m Höhe höchste Bogenstaumauer Europas Mauvoisin bildet ein erneut beeindruckendes Bauwerkfinale schweizerischer Ingenieurskunst. Im Gegensatz zur Grande Dixence versteckt sich die Mauer aber eher unauffällig. Die Dammkrone erreicht man schließlich durch einen kleinen, leicht glitschigen Tunnel. Beeindruckend donnert eine gebündelte Wasserzufuhr durch den Bergfels in den See mit einer reizvollen Bergkulisse, die sich wiederum per Wanderstiefel oder auch Mountainbike weiter erkunden ließe.

Für die Rückfahrt wähle ich Talsohlenroute, in der einige hübsche Ortschaften liegen. Spätestens in La Chable, wo die Verbierroute ins Val de Bagnes mündet, herrscht recht starker Verkehr. Der Abwärtsschwung führt mich noch flott bis Sembrancher. Das alte Dorf droht fast morbide zu zerfallen, doch scheint den Gabelort von Val de Bagnes und Val d’Entremont ein neues Gewerbegebiet die abfallende Bedeutung als Transitort an der Route des Großen Bernhard zu mildern. Die beiden einzig geöffneten Lokalitäten sind etwas seltsam, viele Touristen verirren sich hier nicht, der kleine Campingplatz wurde zur Wohnmobilanlage neutralisiert. Im Café/Snack „Cellier Valaisan“ erhalte ich dennoch einen sehr guten Cheeseburger mit Pommes, den der Einmannwirt selber zubereitet. Die exklusive Weinkollektion in den Regalen scheint irgendwie nicht zum Publikumsverkehr zu passen, aber vielleicht ist die Bar auch ein gelegentlicher Geheimtreff für eine gut betuchte Gesellschaft.

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