Roberto Fonseca
Zamazu
Enja ENJ-9499 2
Um als junger Jazzpianist in Kuba eine internationale Karriere zu starten, ohne in den Fußstapfen der großen Meister von der Zuckerinsel zu versinken, bedarf es schon einer Originalität, die weit über die reine Könnerschaft hinausreicht. Vordergründig also einer, der über showtaugliche Allüren als Teufelspianist Publikum und Bandmitglieder in Ekstase versetzen und notfalls auch die Frauen als Mannequin in Machopose betören kann. Oder einer, der als HipHop-Produzent und Filmkomponist Geld verdient, und doch weiß, dass das Plakative der Feind der Hohen Kunst ist. Ein solcher ist Roberto Fonseca, denn wer sein neues Album „Zamazu“ hört und den „Was kann der spielen!“-Effektpianisten in der Band von Ibrahim Ferrer in Erinnerung hat, der wird ob der vielen leisen, sehr lyrischen Töne bis hin zur Monkischen Abstraktion überrascht sein. Fonseca setzt auf variable Besetzungen, die jedem Stück eine eigene Klangfarbe und dem ganzen Album eine bestechend reiche Vielfalt verleihen. Erstaunliches geschieht durch die orientalische Note, die er seinem Latin Jazz subtil in „Congo Árabe“ und Abdullah Ibrahims „Ishmael“ gibt. Nicht nur hier sticht Saxophonist und Flötist Javier Zambla mit seiner reduzierten Lyrik hervor. Brasilianisches bringt u. a. Carlinhos Brown ein, Fonsecas Tribut an das endliche und komplexe Leben in „Triste alegría“ wiegt im melancholischen Tango. Wunderschöne Piano-Vocal-Duos ergeben sich mit Omara Portuondo und noch einmal mit dem bereits verstorbene Ibrahim Ferrer, Fonsecas einst wichtigster Mentor. Zwischen aller Poesie versteckt sind sie dann doch noch, die rasenden Tastenläufe, die romantisch orchestrale Strahlkraft, die hymnisch-rocklastigen Cluster, das virtouse Feuer auf dem Klavier. Soviel intelligente, gleichwohl schöne wie pulsierende Musik macht süchtig.
publ. Jazz Podium 4/2007