Roberto Magris
Suite!
JMood Records (2-CD-Set)
Ein neues Album von Roberto Magris vorstellen kann man nicht, ohne auf seine bereits vielen Veröffentlichungen zu verweisen, die zu leidenschaftlichen Statements nicht nur von Jazzkultur, sondern auch von musikalischen Begegnungen geworden sind. Grenzüberschreitungen sind für den Pianisten aus der sinnbildlichen Metropole des völkerverbindenden Alpe-Adria-Raums eine Selbstverständlichkeit. Die Sprache des Jazz versteht er als eine universelle, die eine Ebene verwandter Emotionen, Kommunikation und Kreativität mehr verbindet als nationale Wurzeln. So brach Magris nicht nur früh die Grenzräume in einem noch vom Eisernen Vorhang geprägten Europa, sondern fand auch in Amerika jenen Heimat-Spirit, der seinen Ausdruck von Jazzmusik wiederspiegelt.
So setzt der Triester Pianist sein Statement mit „Suite!“ noch stärker auf eine spirituell verbindende Ebene zwischen den Menschen, für die er Aubree Collins mehrfach einsetzt, die eindringliche Botschaften auf wenige Worte reduziert – ein Stichwortkatalog für Humanität und Hoffnung, eindringlich, nachhallend im Gedächtnis. Auch kein Wunder, dass Magris diese Botschaft musikalisch in der Tradition coltranesker Spiritualität mit „In the wake of Poseidon“ eröffnet oder in „A message for a world to c“ an Charles Mingus denken lässt. Nicht nur die einführenden Basslinien von Eric Hochberg lassen die Ohren schwärmen, sondern auch das fast Bigband-vortäuschende Arrangement, dem der Trompeter Eric Jacobson strahlende Akzente verleihen kann. Währenddessen läuft sich auch Saxophonist Mark Colby unter der herrlich swingenden Rhythmusgruppe warm, der neben Hochberg auch noch Drummer Greg Artry angehört.
Magris kann hier einerseits den Drive der Gruppe dramaturgisch gestalten, weiß aber gleichzeitig in einer paradierenden Begleiterrolle zu gefallen. So mehr noch in den Latin-geleiteten Stücken, für die er auf dem Album ans Keyboard wechselt und helle Glitzertöne versprüht. Die Bläser können hier ihre Balladenqualität mit berührender Relaxtheit ausleben, so beispielhaft gelungen in „Too young to go steady“. Mit dem Titeltrack „Suite!“ finden wir schließlich die Krönung des Gruppen-Interplays dieser Scheibe mit ausgefeilten Harmonielinien, für die sich Magris eine wunderbar wogende Melodie ausgedacht hat.
Während sich alle Musiker in Chicago zur gemeinsamen Studiosession trafen, erlaubte sich Magris noch ein paar Soloklaviernummern in Florida einzuspielen und auf der zweiten CD des Doppelalbums in die dort mehrheitlich Latin-geleiten Stücke mit Keyboard einzustreuen. Das schafft besinnliche Momente, klanglich wie stilistisch aufbrechende Verweilmomente, so etwa mit „Love creation“, „Never let me go“ oder dies so träumerisch schöne „Imagine“. Diese Ansammlung kleiner Perlen krönt Magris mit einer Summertime-Version, eine der ungewöhnlichsten Versionen überhaupt dieses Gershwin-Klassikers schlechthin. Wir hören dort pure Energie durch dunkel crawlende Tastenläufe, aus der sich langsam der melodische Kern wie die Sonne aus Gewitterwolken herausschält. Roberto Magris kann man, muss man immer wieder neu entdecken. Magnificent work of music, Roberto!