Sauerradweg mit grünem Geländer, grünes Velo, Lansgur gegenüber, von Geländer teils verdeckt
Luxemburg,  Mitteleuropa,  Touren

LUX-2019-0 Tour de Luxembourg

Lëtzebuerger Ouschteren Schläif – Eine liebliche Osterschleife zwischen Moseltal und Ardennen

  • 4 Tage | 19.4.-22.4.2019*
  • 352 km | 88 km/d | 13,3 km/h
  • 5680 Hm | 1420 Hm/d | 1614 Hm/100 km

* alle statistischen Angaben ohne Anreisetag mit Bahntransfers und Nachtanfahrt Konz – Grevenmacher – Wasserbillig (26 km/100 Hm)

Der Digitaltrack ist am PC nach bestem Wissen nachgebaut. Ich verwende generell keine Navigationsgeräte. Als statistische Daten zählen allein real gemessene Daten gemäß konventionellem Tacho. Insbesondere messe ich Höhenmeter barometrisch. Auf digitalen Karten der üblichen Planungstools können irreale Abweichungen auftauchen und sind daher nicht zum Vergleich mit barometrischen Werten geeignet.

Anmerkungen

Die Abfolge des Berichts entspricht nicht der Chronologie. Anfang und Ende der Reise zu einem südlichen Regionalblock (Tage 1+4) zusammengefasst habe, die anderen zwei Tage auf den nördlichen Teil (Tage 2+3) entfallen. Die abschließende Pfalzroute mit noch ein paar mitunter heftigen Steigungen von Grevenmacher nach Saarburg darf man eher als gehetzte Schlussorder bezeichnen, sowohl die Kamera musste jenseits des Moselberganstiegs schweigen als auch nicht einmal Zeit für ein abschließendes Eis im hübschen Saarburg verblieb. Zunächst aber eine kleine Einführung zur Velotour. Mehr zu Luxemburg auch unter:

Promenade Esch-Sauer mit Burgberg

Reisebedingungen

hellgrüner Osterhase in Fenster mit diversem Blumenschmuck
Mancher Osterhase sonnte sich wie im Sommer und ward gar grüner als die Bäume selbst

Schnell und kurzfristig vier Tage an Ostern auszurücken ist problematisch, wenn das Leben kaum Planung zulässt und alle Welt unterwegs sein möchte, wartete doch sonniges Vorsommerwetter. Indes musste man sich klar sein, dass trotz der überdurchschnittlichen Temperaturen des frühen Frühjahrs 2019 die Vegetation keine Wundersprünge macht. Der grüne Blätterausschlag blieb noch zurückhaltend, besonders wenn man die milden Tieflagen in Richtung der unteren Mittelgebirgsregionen verließ wie hier in die Ardennen, wenngleich nur gegen maximal gut 500 m und im eher bevorteilten Westen Europas liegend. Morgens war die Frostgrenze meist deutlich spürbar, auch wenn sich am Tage die Werte auf über 20 °C puschen sollten. Der Wind hielt seinerseits die Fühltemperatur niedriger, lauwarme Lüftchen strichen nur mal gegen späten Nachmittag ins kaum vorhandene Haar des Reisenden, der mittlerweile von der aufgeklärten Bits&Bytes-Welt zum uralten Eisen erklärt wurde.

Im Vorjahr hatte ich schonmal vorgedacht, eine kleine Tour de Luxembourg zu machen und konnte so schnell einen flüchtigen Tourplan erstellen, einige der schönsten und bergigsten Regionen Luxemburgs zu verbinden. Klar, es würde für das ganze Land nicht reichen, größere Stadtansichten wie die der Hauptstadt mussten konsequent außen vorbleiben (vor über 30 Jahren war ich dort mal mit Auto), für Umwege zu spezifischen Schlemmeradressen blieb auch kein Raum. Eine komplette Luxemburg-Reise sollte mindestens zehn Tage Muße mitbringen, auch zwei Wochen wären gut zu füllen.

rosa-weiße Blütenpracht vor dunkelblauem Himmel
Österliche Blütenpracht

Die An- und Abreise war nur mittels Nahverkehr möglich, wackelte die Abreise noch bis zur letzten Minute. Manchmal hat es die Bahn eilig und wartete einen Anschlusszug in Kaiserslautern nicht ab (fünf Minuten über die Zeit), sodass ich eher noch glücklich das Moselgrenzland erst zur tiefen Nacht erreichte. Für die Rückreise suchte ich einen Zug früher, um die knappen Umsteigezeiten des „Besenzugs“ zu entschärfen, kam so aber auch nicht früher an. Zahlreiche Zugausfälle wegen Baustellen belasteten benachbarte Strecken (Neustadt – Mannheim), Schienenersatzverkehr drohte auf der Strecke der Pfälzer Weinstraße nur wenige Tage später, Luxemburg-Stadt war gleichwohl weitgehend auch über Frankreich nur mit Bus zu erreichen. Europa auch kurz vor der Europawahl ohne Anschluss – zumindest für radfahrende Bahnkunden leider keine überraschende Neuheit.

Nachtansicht beleuchtete Bogenbrücke Grevenmacher, gespiegelt in der Mosel, schwarz/weiß
Ein weinseliger Brückenschlag für Empfang und Abschied: Grevenmacher (Gréiwemaacher)

Letztlich erreichte ich jenseits vom Bahnhof Konz die Luxemburger Seite nach Mitternacht. Und weil ich um eine Radfahrbrücke neben der Eisenbahn über die Mosel bei Konz nicht wusste, hingegen die nur lokale Fähre bei Wasserbillig falsch als Radfahrerbrücke einstufte, legte ich mir zum Anradeln über Grevenmacher selber noch einige Umwegkilometer extra auf die Pneus. Ob es nun daran lag oder an der zunehmend virtuellen Welt, in der sich das Leben des Menschen abspielen soll und in die man hineingezwungen wird, erlebte ich auf dem Wasserbilliger Camping noch eine unwirkliche Halluzination. Was ist wahrhaftig, was nur (böser) Traum? Die Irrtümer fangen an, sich wie eine zufällige Netzkonnektivität ins Surreale zu verschieben und das Gehirn verliert die Kontrolle. Es wurde Zeit, dem Irrsinn zu entfliehen und wieder geerdete Welten zu erfahren. Luxemburg, du Treue Europas, ich bitte dich, schenk‘ mir dein Herz!

Ruhige Straßen und idyllische Radwege – die Auswahl ist üppig

Auf größeren Straßen wird auch in Luxemburg gerne gerast, martialisch aufgezogene Plakate mit Todesprognosen, wie wir sie aus Deutschland kennen, überhöhen manche Leitplanke. Es ergab sich auf meiner Route jedoch selten die Begegnung mit stärker befahrenen Verkehrsachsen, am ehesten noch auf der Strecke Hosingen – Clervaux, wo ich aus Zeitgründen keine Alternative suchte. Die ohnehin zuweilen kaum frequentierten ländlichen Straßen erlauben nicht selten noch separate Radrouten, viele auch exklusiv Radweg bzw. Rad- und Wanderweg (asphaltiert).

erhöhter Sauer-Radweg mit Schild oberhalb neben Straße, leichte Biegung
Kein Grund „Sauer“ zu sein: Viele Radwege wie der an der Sauer werden separat von den Autofahrbahnen geführt, wenngleich diese bereits oft verkehrsarm sind

An den Flüssen, die wenig Gefälle aufweisen, gibt es ohnehin touristische Radwege – auch dort wären sie nicht unbedingt von Nöten. Topografisch können aber nicht alle Wasserwege von Radwegen begleitet werden, so etwa Teile des Stausees Obere Sauer. Auch kann es vorkommen, dass grundsätzlich flach angelegte Radrouten plötzlich stärkere Steigungen enthalten, weil der Verlauf am Fluss unterbrochen ist (z. B. die Straße/Radroute nach Lipperscheid an der Sauer, weil der Ort in Hanglage und nicht im Tal liegt). Das ist jedoch selten auf den Flussrouten.

Fahrradwegschild zum Bahntrassenradweg, Berdorf - Echternach
Viele Exklusivwege für Velos, stets asphaltiert

Bleibt noch ein kurzer Blick auf Mountainbike-Routen im Offroad-Bereich. Derer habe ich kaum etwas ausgetestet. Neben fahrbaren Pisten habe ich auch solche gesehen, die im Matsch und anderen schlechten Bedingungen versinken würden. Soweit angeschriebene Trails, sind diese auch als solche zu sehen und nicht reiseradtauglich. Für die in der Kompass-Karte gekennzeichneten Offroad-Strecken gilt keine ausreichende Kennzeichnung. Manche davon sind durchaus gut fahrbar, andere nicht.

Felskluse Weerschrumschloeff, Kleine Luxemburgische Schweiz, Richtung Berdorf, Straßenbaustelle
Nur wenige Meter, aber doch kein Durchkommen: Unerwartete Baustelle an der Felskluse Weerschrumschloeff

Nachdem ich die Straße nach Berdorf rauf aus dem Schwarzen-Ernz-Tal heraus weit oben kurz vor der Sattelhöhe stand, fand ich eine auch für Fahrrad unpassierbare Baustelle vor. Ich überlegte eine Alternative wenig weiter an einem Gutshof mit Türmchen, nur der Anfang ist dabei asphaltiert. Weil ein Saarländer MTB-Paar dort auch hoch wollte, nachdem ich ihnen von der gesperrten Straße erzählte, bin ich dann mitgefahren, obwohl die Wegqualität oben unbekannt war. Zwar war der Belag grundsätzlich für mich radelbar, ein Teil mir aber zu steil, zumal ohne Lowrider. Die Saarländer Dame schob ohnehin fast den ganzen Berg rauf und ihr Partner erlitt im steilen Schotterbereich eine Reifenpanne. Um Offroad-Strecken auszureizen, sollte man sicherlich entsprechend mehr Zeit mitbringen. Luxemburg ist primär aber kein Pistenland und manche schönste Strecke ist schlicht asphaltiert.

Noch eine Anmerkung zur Straßensituation. Die unpassierbare Baustelle auf der Straße nach Berdorf war zwar unten angekündigt, jedoch blieb unersichtlich, ob mit Rad ein Durchkommen sein könnte. Zuvor bin ich eine ebenso als gesperrt gekennzeichnete Straße ins Müllerthal eingefahren, die aber keinerlei Hindernisse aufwies. Im gesamten Land sah ich sehr viele Umleitungen wegen Straßensperrungen. Da ich durch schlechte Erfahrung mit der Straße nach Berdorf etwas irritiert war, habe ich weitere Umleitungen ernst genommen, was auch zu ein oder zwei weiteren Routenänderungen führte. Viele kleine Alternativstraßen sind nicht ausgeschildert, auch nicht für Räder, sodass Kartenwerke an Bord sein sollten. Andererseits gibt es auch häufige Radweg- und MTB-Auszeichnungen, die Radewegbeschilderung entspricht dem deutschen Nachbarland (Grün auf Weiß).

Die Topographie bestimmst du selber – der Mix machts

Die von mir befahrenen Regionen sind hügelig. Hält man sich weitgehend an die Flussschlingen, bleibt es nahezu flach. Jedoch locken zu den Seiten immer wieder Anstiege, die zuweilen kräftig ausfallen können. Lange Anstiege sind jedoch nicht zu erwarten, liegen die Höhen um die 500 m, der niedrigste Punkt Luxemburgs in Wasserbillig bei 129 m. Folglich sind zwar Anstiege mit 150-300 Hm durchaus häufiger zu finden, über 300 Hm aber eher nicht. Das entspricht eher der Schwäbischen Alb oder gemäßigten Schwarzwaldhöhen.

Serpentine mit Velo und Haus im Hintergrund, Abfahrt nach Untereisenbach
Große Anstiege wird der Radler in Luxemburg nicht finden, aber steile durchaus: Die Weisse Wak zwischen Untereisenbach an der Our und Wahlhausen überwindet 260 Hm und genießt den Ruf als Wadenbeißer

Wählt man dichte Kombinationen von Auf- und Abstiegen, können schwere mittelgebirgs- bzw. mittelschwere Alpinwerte in der topografischen Schwierigkeit erreicht werden, also auch ggf. über 2000 Hm/100 km. Mein Spitzenwert erreichte 1867 Hm/100 km, wobei diese Etappe des zweiten Tages noch einige längere Flachpassagen beinhaltete. Das ist allerdings nicht landestypisch, weil teils auf und ab an ein- und demselben Fluss gefahren. In der gemittelten topographischen Schwierigkeit liegen die Ardennen und das südlichere Hügelland doch unter dem Niveau von Vogesen oder gar Schwarzwald, maximal eher wie Schwäbische Alb, Kraichgau oder Odenwald – je nach Interpretation auch noch leichter.

Ich rate aber davon ab, sich in Luxemburg einer reinen Höhenrauschtour zu verschreiben, sind doch nicht zuletzt viele der recht flachen Flussverläufe von so lieblicher Schönheit, dass man sie nicht auslassen sollte. Anderseits ergeben sich Panoramablicke etwa auf die Mäander und Flussschleifen erst mit dem Erklimmen auch von herben Rampen. Wurden die Mühsalen um den Stausee Obere Sauer dabei kaum belohnt (die schönsten Ansichten eher weiter unten), bot eine der härtesten Rampen, die Auffahrt von Bivels (wenig nördlich von Vianden) zum oberen Becken des Pumpspeicherwerks Vianden am Mont St-Nicolas (Höhendifferenz des Speicherwerks 280 m) eine der faszinierendsten Ausblicke auf die Our-Schleife, die auch den zeitweilig und mehrfach als politischer Flüchtling in Luxemburg und besonders in Vianden weilenden Victor Hugo zu Zeichnungen inspirierte (vgl. dazu auch das Regionen/Mitteleuropa-Feature „Der Brückengast Victor Hugo in Vianden“ (VÖ geplant: 16.12.2019).

Pumpspeichersee Vianden mit Beckenmauer und Türmchen, Teilansicht
Von Bivels an der Our führt eine steile Rampe zum Pumpspeichersee Vianden

Neben diesen harten Steigungen gibt es auch sehr gemäßigte, darunter ehemalige Bahntrassen wie etwa der Radweg von Lauterborn oberhalb Echternach nach Consdorf durch eine berauschende, felsige Bachschlucht. Die Kunst ist es also eher, den richtigen Mix von flachen Fluss- und mehr oder weniger steilen Bergrouten zu finden, um in den vollen Landschaftsgenuss zu kommen und die Typik des Landes zu erfassen.

Weiße Ernz mit Radweg in Medernach
Ein Radweg begleitet die idyllische Weiße Ernz, die Reisdorf an der Sauer fast mit der Hauptstadt verbindet (hier bei Medernach)

Die Entscheidung, wie eine Höhe zu erklimmen ist, mag dabei oft schwerfallen, denn zu einer erfrischenden, bewaldeten, auch schluchtigen Fluss-/Bachroute gibt es häufig alternativ ebenso sich herrlich entfaltende Panoramarouten durch offene Weidehanglagen oder Streuobstwiesen. Auch dazu ein Beispiel ab der mittleren Sauer bei Diekirch bzw. Reisdorf. Kann man dort der Weißen Ernz auf einem Radweg dem kleinen Plätscherfluss fast durchgehend auf Radweg bis zum Quellgebiet und darüber hinaus über einen Hügel bis Luxemburg-Stadt folgen, ist von Diekirch die aussichtsreichere N14 landschaftlich durchaus konkurrenzfähig, wenn auch auf andere Weise. Nicht verleugnen möchte ich hier, dass der betonierte Radweg in Wurfweite zur nur mager befahrenen Straße unnötig Sumpffläche vernichtet und an der oberen Weißen Ernz überflüssig ist. Radwege sind nicht immer ökologisch, das mag mal unquem ins Licht geworfen sein.

Kartenhilfe

Michelin National 717 Luxemburg/Luxembourg 1:150.000 – deckt ziemlich exakt Luxemburg ab, nicht aber über die Grenzen hinaus. Campingplätze sind zwar eingezeichnet, allerdings nur eine bescheidene Auswahl. Wichtige Radwege sind eingezeichnet, einige Schotterübergänge auch. Manche Seitenstraßen fehlen. Es empfiehlt sich die Ergänzung durch eine Detailkarte, wenn man auch abweichend vom Mainstream fahren und sich orientieren möchte.

Kompass Wandern/Fahrradfahren 2202 Luxemburg 1:50.000, 2 Karten im Set, GPS-genau – enthält die meisten Zeltplätze, Hütten sind ausgewiesen, Details zu Sehenswürdigkeiten und Freizeiteinrichtungen, Offroad-Routen wie auch Wanderwegen. Für die Kleine Luxemburger Schweiz ist ohnehin zu überlegen, ob man nicht besser per pedes z. B. den Müllertrail, einen Felsenwanderweg, ganz oder in Teilen abläuft (u. a. wegen Wanderverkehr auch nicht für Hardcore-MTB geeignet!). Nachteilig ist die extrem schlechte Papierqualität der aktuellen Edition (reißt sehr leicht ein), sowie fehlende Kilometerangaben, sodass man eine Straßenkarte als Ergänzung benötigt. Auch wird man längst nicht alle Felsbezeichnungen finden.

Die Etappenblöcke

Burg Vianden, Gesamtansicht, selbe Höhe


LUX-2019-1 Der Norden/Éislek – Ardennen offensiv, ganz zivil
Wo ein Wort hat Geist, fein die Speis‘, hart der Schweiß, um deine Mäander ich weiß



rosa Mandelblüte Einfahrt mit Ortsschild Moersdorf


LUX-2019-2 Der Südosten/Guttland – Stein auf Stein, römisch der Wein
Wo die Sauer blinzelt mehr süß, Felsengesichter in Schicht, dein Fühling so lieblich, in vino veritas an sich

3 Kommentare

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