Radskulptur in Madonna del Ghisallo, mit Velo
Alpen,  Italien,  Lombardei,  Touren

ALP-2021-TdS-09
Panoramatouren in der Comersee-Region

(Do, 24.6.) Trevano – Drezzo – Parè – Cavallasca – San Fermo della Battaglia – via Ferme Ventisette Maggio – Como – Blevio – Torno – Riva – Pognana Lario – Careno – Nesso – Zalbio – Pian del Tivano – Colma di Sormano/Colma del Piano (1124 m)

48 km | 1295 Hm

Führte meine Varese-Schleife eher verschlungen durch waldreiches Bergland, so soll sich mit der Como-Region mehr ein Seenland öffnen. Die Luganer Voralpen grenzen mit dem Comer See im Osten an die Bergamasker Alpen. Ich bleibe dabei auf der westlichen Hälfte des zweiarmigen Sees, nicht aber ohne Bergfahrten auch abseits der Uferseiten. Die beiden Südarme des Comer Sees umschließen eine Halbinsel, die auch als Triangolo Lariano (Lariano-Dreieck) bezeichnet wird. Der zweite Teil der Tour bewegt sich dann am Westufer und in das dortige Hinterland Richtung Luganer See.

Das Triangolo Lariano mit seinem Radsporttempel

Atmosphärischer Streifzug mit Eisschlecken durch Como

Die Anfahrt nach Como verläuft zunächst noch erstaunlich ländlich und kräftig hügelig. Mit Parè erreiche ich die urbane Siedlungszone von Como. Die Dichte von Verkehrskreiseln nimmt ebenso zu wie die von Discountern im Speckgürtel der Kleinstädte. Von San Fermo führt die nur wenig befahrene Via Ventisette Maggio verschlungen und wellig über den kleinen Hügelwall durch Villen mit überbordenden Palmen und Hortensiengärten schließlich nach Como hinunter. Wenn auch nicht sehr hoch gelegen, ergeben sich doch tolle Blicke über die Stadt mit der Domkuppel, auf die verschiedenen Teile des Südwestufers mit Wasserfontänen und Uferpromenaden, den flinken kleinen Freizeitbooten und den größeren Passagierschiffen, auf die kühne Standseilbahn nach Brunate hinauf, die bereits seit 1894 im Dienst steht, und auf erhabene Palastvillen mit mediterranen Zypressen, Zedern und Pinienbäumen.

Bei meinem Streifzug durch die edel wirkenden Gassen mit verführerischen Produkten und den so einladenden Lokalitäten fällt doch die gedämpfte Stimmung durch Corona auf, eine nicht immer eingehaltene Maskenpflicht im freien Gang, aber dann ohne Maske gesprächig beim Espresso – bei aller Angst, warum wird dieser Widersinn weiter gepredigt? Der Dom ist aus der Froschperspektive kaum zu fassen, ein Wolkenkratzer aus vielen Epochen erwachsen. Der feine weiße Marmor der Fassade zeugt von großem Prunk, den sich das Christentum ihren Glauben kosten ließ. 350 Jahre baute man an dem architektonischen Meisterstück in der italienischen Seidenmetropole – wer jammert da über Stuttgart21 oder Berliner Flughafen?

Postkartenpanorama mit Asphalthagel

Die Uferstraße Richtung Bellagio hatte ich etwas schattiger und aussichtsärmer in Erinnerung. Umso verzückter genieße ich die vielen Augenblicke auf die Rivieraromantik. Jeder Pedaltritt ist wieder ein neuer Perspektivkosmos, eine schwelgerische Irisblendung der Schönheit. Der See wechselt von tiefem Blau zu geheimnisvollen Dunkeltönen, um dann wieder wie ein Silbertablett zu funkeln. Eine Wolke ist hier mehr als nur ein Schattenwurf, sie ist Teil einer Kinovorführung. Der Bilderbogen füllt die Speicherkarte der Kamera – wer weiß, wie lange ich davon noch zehren darf. Der Verkehr ist zwar recht üppig, aber durchaus noch erträglich. Die Straße taucht immer wieder leicht auf und ab, um die Seedörfer auch in den unteren Etagen zu bedienen – meist aber hält die Straße den Terrassenblick halbhoch über dem See.

Ein dickes Pech erwischt mich noch kurz vor dem Abzweig in Nesso, als ich in einen laufenden Straßenbau gerate. Der Verkehr wird zwar im Blockwechsel dann und wann vorbeigewinkt, jedoch auf frischen Asphalt und ohne eine Ausweichmöglichkeit auf einen Randstreifen. Der Asphalt hagelt bis in meine verzerrten Mundwinkel. In Kürze klebt eine fette Asphaltschicht auf meinem Reifen. Ich befürchte einen schnellen Reifentod, wenn ich den Klebesplit nicht schnellst möglich entfernen würde. So kämpfe ich fast eine Stunde mit Wasser, Gras und Messer darum, die Schicht vom Reifen zu entfernen, ohne die Reifenfläche zu beschädigen.

Stürmische Nacht auf einem Kultpass der Radsportgemeinde

Für den anspruchsvollen Anstieg zum Colma di Sormano hat sich dann das Wetter wieder zur regnerischen Wolkendecke versammelt, um mich noch im konstant aufsteigenden Bereich bei Zelbio zu besprühen. Es bleibt aber doch eher nur trüb bedeckt und trocken. Mit der Hochebene Pian del Tivano breitet sich eine Karstlandschaft mit grünen Hügelgraten aus, die man auch in den Pyrenäen vermuten könnte. Nach der Ebene steigt die Straße nochmal etwas kräftiger an, um die Passhöhe zu erreichen. Ein kleines astronomisches Observatorium setzt einen himmelwärtigen Akzent, den noch einige Bildtafeln betonen. Das anliegende Restaurant scheint schon geschlossen. Ein extrem heftiger und kalter Wind aus Westen verleidet mir einen denkbar schöneren Abend. Schon der romantischen Mondnacht nahe, brechen Motocrossfahrer plötzlich die Bergflanke am Pass hinauf ohne dabei erkennbaren Wegen zu folgen. Zum Glück ist der Spuk recht schnell vorbei – wo auch immer diese Horde hingefahren sein mag.

(Fr, 25.6.) Colma di Sormano – via SP44 – Sormano – dev. SP44/SP41 – via Vallassina – Barni – Magreglio/Santuario Madonna del Ghisallo (760 m) – Civenna – Guello – Gorla – Regatola – Bellagio || per Fähre || Cadenabbia – Tremezzo – Lenno Villa – Sala Comacina – Argegno – Sant Anna – Schignano – Cerano d’Intelvi – Veglio – San Rocco (804 m, Casasco d’Intelvi) – Camping Colli Fiorito (San Fedele d’Intelvi)

58 km | 1085 Hm

In Radsportkreisen genießt die Passhöhe einen besonders ehrfürchtigen, ja erzitternden Ruf. Während ich die normale Staatsstraße zur Abfahrt in einem weiten, im Morgen noch schattigen Bogen nutze, kann man diese auch über die sogenannte Muro di Sormano um über der Hälfte Streckenlänge abkürzen. Wenig oberhalb Sormano von der Straße abzweigend, bewältig man auf der als Mauer titulierten Teufelsstraße eine durchschnittliche Steigung von 15,8 %, Angaben zur maximalen Steigung reichen von 25 % bis 27 %. Zwar stellen sich auch immer wieder Radprofis im Rahmen der Lombardeirundfahrt diesem Kultanstieg, jedoch sind solche Rampen im Rahmen eines Wettkampfsports unter geeigneten Rahmenbedingungen umstritten. So führte 2019 auch der Giro d‘Italia zwar über Colma di Sormano, jedoch über die normale Straße.

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