Cascata della Froda, stilisiertesBild mit Selbstproträt nackt von hinten, Schriftzug "Prealpi Luganesi"
Alpen,  Italien,  Lombardei,  Schweiz,  Tessin,  Touren

ALP-2021-TdS-08
Der Lago Maggiore mit dem Hinterland der Varese-Region

Verwunschene Waldroute zum Passo del Cuvignone

Über die Panorama-Piazza von Bedero Valtravaglia taucht die Strecke bald wieder in eine dichte, fast urwäldlerische Vegetation ein. Alte Bunkeranlagen für Artillerie oder Maschinengewehre zeugen noch von der Verteidigungslinie, die vor allem während des Ersten Weltkriegs zwischen dem Stilfserjoch und der Vareser Voralpenregion gebaut wurde. Die schweren Wolken des Tages haben sich zunehmend verdichtet und entladen sich im letzten Ort vor einer nun langen einsamen Bergstrecke. Der Regen nimmt bald ab und spendet mit seinen Tropfenresten auf den Dornenblüten kristalline Lichtbrechungen.

Über die phasenweise steile wie einsame Straße erreicht man den Passo di San Michele mit einer Kapelle und ein paar verstreuten Häusern, die unbewohnt scheinen. Der Pass würde hier hinunter zum See führen, doch dies ist nur über einen Wanderpfad möglich. Es verbleibt eine wellige Waldroute auf der Höhe, dann abfallend zur Passhöhe San Antonio, die eine gleichwohl einsame, aber doch etwas gewichtigere Verbindung zwischen dem Lago Maggiore und Cuveglio herstellt. Ich sollte diesen Pass am nächsten Tag nochmals in seiner eigentlichen Tal-zu-Tal-Querung fahren.

Hier aber führt eine weitere Passstraße auf durch einen teils alten Buchenwald, der von zahlreichen Felsflanken durchzogen ist. Noch deutlich unterhalb der Passhöhe lädt etwas abseits der Straße ein Rifugio zur Rast ein, was ich aber unbedacht auslasse, weil mir nicht klar ist, ob geöffnet ist. Andererseits schaffe ich so noch den Berg in der Dämmerung. Zur Gegenseite bleiben allerdings passende Rastmöglichkeiten aus. Ich finde mich schließlich am Brunnenhaus vom fast stillen Vararo zum Proviantmahl und Nachtlager ein.

(Mo, 21.6.) Vararo – Molini – Cittiglio – Laveno – Sasso Galletto – Caldè/Castelveccana – Ronchiano – Nasca – Cascata de la Froda – Passo di Sant’Antonio (647 m) – Arcumeggia – Cuveglio – Rancio Valcuvia – San Francesco (467 m) – Madonnina dei Ciclisti – Brinzio

45 km | 775 Hm

Seeuferpause on the rock mit Urwaldanschluss

Fast unwirklich ist der Schlussteil der Abfahrt, durch einen entlaubten Totholzwald, an schroffen Felswänden vorbei, unten im Tal zeichnet sich dichte Besiedlung mit Fabriken ab. Hier unten in Cittiglio fahren Pendler mit Bahnen, andere bevölkern die Straße mit ihren Autos. Flach ist die verkehrsreiche Strecke bis zum Seeufer in Laveno. Die Uferstraße nach Norden zwängt sich dann eng an den Fels oder schleicht durch Galerien. An kleinen Kiesstränden blickt man gegen Norden auf den exponierten Rocca di Caldè, der den Ausgangspunkt zu meinem nächsten Aufstieg anzeigt.

Wieder mühe ich mich bei doch voranschreitender Hitze, der Berg zunächst wieder offen. Dann beschattet Urwald mit Lianen, der sich über die ramponierten Leitplanken beugt. Ein abzweigender Pistenweg verweist auf die Cascata de la Froda. Gerne folge ich dem Versprechen auf erfrischendes Wasser. Der Weg lässt sich bis zu einer Furt befahren, dort komme ich nur wandernd weiter. Der sehr schmale Strahl fällt über eine steilen Fels herunter, springt dem Betrachter fast ins Auge und spreizt sich unten über einen Blockstein in zwei breite Fließbänder.

Arcumeggia – auf Schritt und Tritt Kunst

Vom schon am Vortag gekreuzten Passo San Antonio fahre ich nun ins Gegental, welches zu einem besonders malerischen Ort führt. Malerisch ist hier wörtlich zu verstehen (borgo dipinto), denn in Arcumeggia bekleiden die Fassaden Freskomalereien, mit denen Künstler bereits in den 1950er Jahren begannen. Die Motive und Stile sind ebenso verschieden wie die Formate – mal naturalistisch, mal expressionistisch, mal fast abstrakt und dann wieder naiv gegenständlich. Alle Kunstwerke verfügen über einen QR-Code, über den man mehr zum Werk und Künstler erfahren kann. Es ist kein Zufall, dass in der Varese-Region auch ein Bild dem Radsport Tribut zollt. Das sollte sich noch fortsetzen.

Den Rundgang durch diese offene Kunstgalerie vergällt mir etwas ein heftiger Gewitterschauer. Ich springe immer wieder aus dem Gewölbeschutz hervor, um das nächste Motiv einzufangen. In der wieder hervortretenden Sonne blitzen farbige Reflektionen durch den Wasserdampf. Sehr plötzlich stehe ich aus dem Urwald austretend in einer Felderebene, in der sich Orte mit wenigen Gewerbebetrieben verteilen. Die gesamte Talschaft Valcuvia umfasst vom Lago Maggiore beginnend in Laveno zwanzig Gemeinden, die ländlicher werden, je tiefer man ins Tal reinfährt. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschloss eine elektrische Tram dieses Tal im Hinterland des Lago Maggiore.

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